Brandenburg: Wachsende Zweifel
Platzeck stellte für Szymanski die Koalition infrage. CDU, PDS und Juristen kritisieren Versorgungsplan
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Potsdam - Die Kritik an der von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) persönlich getroffenen Versorgungsregelung für Ex-Infrastrukturminister Frank Szymanski (SPD) reißt nicht ab. Sowohl bei der oppositionellen PDS als auch beim SPD-Koalitionspartner CDU wurde gestern wiederholt darauf verwiesen, dass sich Szymanski nicht im Landesauftrag um das Amt des Oberbürgermeisters von Cottbus beworben habe, sondern für seine Partei. Die SPD, so der parlamentarische Geschäftsführer der Linkspartei.PDS-Landtagsfraktion, Heinz Vietze, hätte die Versorgungsfrage selbst vor einer Kandidatur klären müssen. In der CDU-Spitze hieß es ebenfalls, der Versorgungsfall Szymanski sei in erster Linie ein Problem der SPD. Diese habe ihn schließlich zur Kandidatur gedrängt, die Pensionsfrage nicht geklärt und so erst in die angebliche Pensionsnot gebracht, so ein hoher CDU-Politiker. Es sei „verheerend wenn – wie nun geschehen – der Eindruck entsteht, dass der Steuerzahler für Planungsfehler einer Partei aufkommen soll“, so ein Mitglied der CDU-Fraktion.
Platzeck hatte Szymanski am Dienstag nach einer turbulent verlaufenen Kabinettssitzung in einer „öffentlich-rechtlichen Zusicherung“ eine Anstellung als Staatssekretär in der Landesregierung garantiert, falls dieser nicht bis zur Rente an der Spitze der Stadt bleibe. Dass diese umstrittene Zusicherung auch von CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm mit unterzeichnet wurde, wurde gestern in der CDU-Führung als „notwendiges Übel“ bezeichnet. Platzeck habe in einer heftig verlaufenen Kabinettssitzung, die von Auszeiten unterbrochen war, mit dem Ende der SPD-CDU-Koalition gedroht. Da die CDU-Minister der ursprünglich von Platzeck geplanten Regelung nicht zustimmen wollten, „hat er das Problem par ordre du mufti“ gelöst, so ein Kabinettsmitglied. Die Lösung per Zusicherung sei nur von der CDU akzeptiert worden, „weil es sonst der Anfang vom Ende der Koalition gewesen wäre“, so ein CDU-Funktionär.
Platzeck wollte den tags zuvor aus dem Ministeramt entlassenen Szymanski am Dienstag ursprünglich für eine Minute zum Staatssekretär machen. Der von den PNN öffentlich gemachte Plan, hatte einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Regierungssprecher Thomas Braune versicherte gestern, die von Platzeck abgegebene Zusicherung für einen Staatssekretärsposten sei auch für künftige Regierungen bindend.
Der renommierte Berliner Staatsrechtler Ulrich Battis widersprach dem gestern. Eine „öffentlich-rechtliche Zusicherung“ sei nicht automatisch für neue Koalitionen und andere Regierungschefs bindend. Ein Machtwechsel sei in der Politik eine so bedeutende Änderung der Sachlage, dass sich eine andere Regierung nicht an die Platzeck-Zusage halten müsse. Szymanski müsse dann auf Einhaltung klagen. „Das ist aussichtslos“, so Battis, Professor an der Berliner Humboldt-Universität. Zudem gelte auch bei Staatssekretären „das Prinzip der Bestenauslese“. Battis: „Wer nach Platzeck Herrn Szymanski nicht zurückhaben will, muss ihn auch nicht nehmen.“
Ungeklärt ist nach Ansicht mehrerer Experten derzeit auch, was passiert, wenn Szymanski als Oberbürgermeister vorzeitig dienstunfähig wird – ein Szenario, mit dem der Versorgungsplan gerechtfertigt wird. So sei offen, ob das Land dann einen dienstunfähigen Bürgermeister als Staatssekretär einstellen könne. Regierungssprecher Braune bezeichnete diese Frage gestern als „rein hypothetisch“, konnte aber auch nicht definitiv sagen, ob die Staatskanzlei dies geklärt haben.
In der CDU wachsen jedoch die Zweifel an der Arbeit von Platzecks Staatskanzlei. In der Fraktionsspitze wurde auf die unterschiedlichen Argumentationen der Regierung verwiesen. Staatskanzleichef Clemens Appel und Finanzminister Rainer Speer (beide SPD) hatten am Dienstgvormittag die eigentlich geplante Kurzzeit-Ernennung Szymanskis zum Staatssekretär als einzigen Weg bezeichnet, dessen Pensionsansprüche aus 16 Jahren Landesdienst zu sichern. Kurz darauf präsentierte Platzeck plötzlich einen – von den selben Experten gefundenen – zweiten Weg: die „Zusicherung“. „Wer soll denn das alles noch glauben“, fragte ein Mitglied der CDU-Führung. PDS-Mann Vietze attestierte der SPD ironisch „eine hohe Flexibilität beim Verkünden und Finden unumstößlicher Wahrheiten“. Peter Tiede
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