Von Alexander Fröhlich: Waffennarren wollen ihre Knarren nicht abgeben
Seit Juli nimmt die Polizei Gewehre und Pistolen kostenfrei an, eine Strafe für illegalen Besitz gibt es nicht – doch die Amnestieregel zieht nicht
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Potsdam - So richtig gezündet hat die Novelle des Waffengesetzes noch nicht. Dabei hatten sich Sicherheitsbehörden und Innenpolitiker viel davon versprochen. Seit Juli und noch bis Ende des Jahres kann jedermann seine Schusswaffen, für die er keinen Berechtigungsschein hat, bei der Polizei abgeben – und wird für den illegalen Besitz nicht einmal bestraft. Getan hat sich trotz dieser Amnestieregelung bislang wenig. Bei der letzten derartigen Aktion 2003 war das anders. Nun heißt es, gerade acht Waffennarren hätten sich von ihren Knarren getrennt.
Dabei gibt es immer wieder spektakuläre Fälle, regelmäßig finden Ermittler illegale Waffen. 345 Stück weist die Polizeistatistik für 2007 aus, im Jahr drauf waren es 234. „Bei den Schusswaffen blieben wir damit aber auf Vorjahresniveau“, sagte der Sprecher des Brandenburger Landeskriminalamt (LKA), Toralf Reinhardt. „Der Rückgang der gefundenen Waffen erklärt sich aus einer Gesetzesänderung für Softairwaffen.“ Dennoch heißt es unter Ermittlern, die Dunkelziffer von illegalen Schusswaffen dürfte weit höher sein, als die offizielle gefundene Zahl. Oft stößt die Polizei zufällig darauf, wie im Fall eines 53-Jährigen aus Potsdam-Mittelmark vor rund zehn Jahren. Auf dessen Grundstück fanden die Beamten ein ganzes Arsenal: sechs Maschinenpistolen, 15 Gewehre, 15 Pistolen, vier Revolver, fünf Rauchgranaten, eine Panzerfaust und Munition. Ein Teil davon stammte aus dem Zweiten Weltkrieg, andere waren neu.
In den vielen Fällen sind es Sammler ohne Waffenschein, sie haben also ein „Faible“ für Kimme und Korn. Mit dem Wegfall der Grenzkontrollen nach Osteuropa ist es zudem leichter geworden an Waffen zu kommen, Banden betreiben professionell Schmuggel, die Behörden stoßen nur bei Stichproben darauf. Meist geht es nach Angaben des LKA aber um Erbstücke. Häufig genug hätten Waffenbesitzer auch einfach ihre Berechtigung verloren, sogar Jäger, die ihre Frau mit einem Gewehr bedroht haben oder betrunken Auto geafhren sind. Dann gelten sie für die Behörden als nicht mehr geeignet für den Waffenschein. Geert Piorkowski, Sprecher des brandenburgischen Innenministeriums, warnt aber deutlich: „Diese Waffen sind nicht nur eine Gefahr für diese Leute selbst, sondern vor allem für andere.“ Eine tödliche Gefahr geradezu, wie ein Fall von Mitte August zeigt. In Wendisch Rietz hatte ein 72-jähriger Berliner auf seinem Wochenendgrundstück um sich geschossen und auch auf einen Polizisten gefeuert. Ein Gericht verfügte die einstweilige Unterbringung des Rentners in einer psychiatrischen Einrichtung. In seinem Wochenendhaus aber haben die Ermittler sieben Pistolen und Revolver, zwei Luftgewehre, mehrere Jagdmesser und über tausend Schuss Munition sichergestellt. Eine Erlaubnis für den Besitz scharfer Waffen besaß der Mann aber nicht, der zwar Mitglied in einem Schützenverein war, dort aber stets nur Vereinwaffen nutzte.
Weil trotz Amnestieregelung bislang nur wenige Waffen aus dem Verkehr gezogen werden konnten, startete Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) einen Appell an Besitzer illegaler Waffen, diese abzugeben. „Sie leisten damit ohne jegliche Sanktionen einen Beitrag gegen den illegalen Waffenbesitz, von dem nach wie vor größte Gefahren für die Bevölkerung ausgehen.“ Allerdings gibt es zwei Bedingungen: Mit den Waffen dürfen die Inhaber keine Straftaten begangen haben. Und der illegale Besitz darf nicht an anderer Stelle schon bekannt sein. Die Polizei prüft ohnehin die Seriennummern und vergleicht diese mit den Listen gestohlener Waffen.
Übrigens: Wer ohne das gute Erbstück vom Großvater wirklich nicht leben kann und sich deshalb vor der Rückgabe scheut, für den hat LKA–Sprecher Reinhardt einen Rat: Fachfirmen machen Waffen so unbrauchbar, dass sich Liebhaber das gute Stück weiterhin als Erinnerung an die Wand hängen können. Den Nachweis für die Polizei gibt es obendrein.
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