zum Hauptinhalt

Brandenburg: Waldumbau statt Aufforstung

Wald in Berlin und Brandenburg bindet Kohlendioxid in bemerkenswerten Größenordnungen

Stand:

Berlin/Potsdam - In Berliner Wäldern wächst jährlich mehr Holz nach, als geschlagen wird. Nach Angaben der zuständigen Forstbehörden liegt der Überschuss derzeit bei 2,5 Kubikmetern pro Hektar. „Pro Jahr wachsen im Berliner Stadtgebiet pro Hektar Baumfläche sechs Kubikmeter nach, aber nur 3,5 Kubikmeter pro Hektar werden gefällt“, sagte Marc Franusch von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. „Das ist eine gute Bilanz, denn ein Kubikmeter Holz bindet eine Tonne Kohlendioxid jährlich“, erklärte Franusch. Allein die übrig bleibenden 2,5 Kubikmeter pro Hektar würden im Jahr 63 000 Tonnen Kohlendioxid (CO2) „einfangen“. Der Berliner Wald gelte wegen großer Schäden in der Kriegs- und Blockadezeit als „junger beziehungsweise mittelalter Wald“, der seine Stärke im stetigen Nachwuchs habe. Auch auf ehemaligen Mauerflächen zwischen der Stadtgrenze und Brandenburg wachse Wald in großen Mengen nach. Aus diesen Gründen stehe in Berlin statt Wiederaufforstung „Waldumbau“ im Mittelpunkt. Vordringlichstes Thema ist nach Angaben der Forstbehörden der Waldumbau im Berliner Osten.

Auch im Flächenland Brandenburg gibt es dieses Problem. In einer Studie des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) heißt es: „Die in Brandenburgs Wäldern vorherrschende Monokultur mit einem überwiegenden Kiefernbestand ist nicht geeignet, Wasser im Boden zu speichern. Im Gegenteil: Die Nadelbäume entziehen der Natur ganzjährig Wasser und lassen sie verdunsten, so dass die Wasserbilanz ungünstiger als bei Laubwäldern ausfällt.“ „Wir haben in Brandenburg einen paradoxen Zustand – das an Gewässern reichste Bundesland droht zu versanden“, sagt Jens-Uwe Schade, Sprecher des

Brandenburger Umweltministeriums. Matthias Freude, Präsident des Landesumweltamtes, erklärt: „Auf 94 Prozent der Flächen haben wir eine negative klimatische Wasserbilanz. Das heißt, die Verdunstung übersteigt die Niederschläge.“ Bei der Quote für das „erneuerbare Wasserangebot“ liege Brandenburg gleichauf mit Mexiko, Bulgarien und Spanien. „Waldumbau ist wichtiger als Aufforsten, weil Laubbäume nicht nur weniger Wasser verdunsten, sondern im Humus zu ihren Füßen auch gewaltige Mengen CO2 speichern“, sagte Freude. Aber noch stünden in Brandenburg 80 Prozent Nadelbäume, wo eigentlich Laubbäume sein müssten. Aufforsten biete auch deshalb keine schnellen Effekte, weil Bäume erst ab dem 40. Lebensjahr klimatisch und hydrologisch positiv wirkten. „Für Klimaschutz sind also alte Wälder wichtig!“, betonte der Professor, der in Potsdam und Eberswalde Angewandten Naturschutz lehrt. Vor allem Prognosen über geringere oder sich zwischen Sommer und Winter verschiebende Niederschlagsmengen sind nach den Worten von Freude alarmierend. Völlig unklar sei noch, wie sich die Flutung der Lausitzer Seenlandschaft auf das so genannte Kleinklima der Region auswirke. „Kommen die Niederschläge vor Ort wieder herunter? Müssen die Seen immer wieder aufgefüllt werden? Oder geben wir uns, was tragbar wäre, mit schwankenden Pegeln zufrieden? Wir wissen es noch nicht“, sagte Freude.

Laut Ministeriumssprecher Schade solle trotz des favorisierten Waldumbaus in Zukunft Aufforstung besonderer Art stattfinden: „Um den Anteil erneuerbarer Energie zu steigern, verstärken wir den Biomasse-Anbau. Dazu werden vor allem schnellwachsende Pappeln aus Dänemark importiert.“ Das Land Brandenburg verfügt derzeit auf 37 Prozent seiner Fläche über Wald. Das sind 1,1 Millionen Hektar. Dazu gehören auch 10 000 Hektar, die dem Land Berlin gehören. „Insgesamt besitzt Berlin 25 000 bis 28 000 Hektar Wald, das sind fast 100 Prozent des gesamten städtischen Waldbestandes. Dieser Bestand belegt 17,5 Prozent der Stadtfläche“, sagt Christian Muhs, Leiter der Obersten Naturschutzbehörde Berlin. Torsten Hilscher

Torsten Hilscher

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })