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Von Alexander Fröhlich: Warnung vor Bombodrom wird Zankapfel Flyer der Bundeswehr gilt als „Anti-Werbung“

Wittstock – In der Kyritz-Ruppiner Heide bei Wittstock in Nordbrandenburg sind wieder Pilzsammler unterwegs. Thomas Hering, Standortkommandant der Bundeswehr auf dem früheren Übungsplatz, warnt Touristen nun mit Flyern vor alter Munition der Sowjetarmee: „Achtung Lebensgefahr!

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Wittstock – In der Kyritz-Ruppiner Heide bei Wittstock in Nordbrandenburg sind wieder Pilzsammler unterwegs. Thomas Hering, Standortkommandant der Bundeswehr auf dem früheren Übungsplatz, warnt Touristen nun mit Flyern vor alter Munition der Sowjetarmee: „Achtung Lebensgefahr!“ In der Region gefällt das aber nicht jedem.

Überall am Rande des so genannten Bombodroms sollen die Faltblätter ausgelegt werden – in Wittstock, Kyritz und Rheinsberg. Nur Neuruppins Bürgermeister Jens Golde (Pro Ruppin) ist entsetzt. Er will den gelben Flyer nicht in seiner Stadt sehen. Golde spricht von „Anti-Werbung für den Tourismus in unserer Region“. Gerade jetzt sei das Papier „kontraproduktiv, wo wir als Unternehmerinitiative Pro Heide mit der Bundeswehr und dem Land die Zukunft der Heide besprechen wollen“.

Dem Standortkommandanten wirft Golde „Überaktionismus“ vor. Die Bundeswehr hätte das Gelände seit Jahren schon dekontaminieren können, jetzt werde der Eindruck erweckt, „es sei gefährlich, unsere Region zu besuchen.“ Eine „Katastrophe“ nennt Brandenburgs Infrastrukturminister Reinhold Dellmann (SPD) den Flyer, obgleich die Warnung an sich richtig sei. „So etwas hätte man auch anders machen können“, sagte er den PNN.

Auf dem Bundeswehr-Flyer warnt ein Logo vor Explosionsgefahr. Auf der Rückseite ist eine Landkarte abgebildet, mittendrin knallrot die 14 000 Hektar große Fläche des früheren sowjetischen Truppenübungsplatzes. Dazu heißt es: „Im markierten Gebiet befinden sich über 1,5 Millionen nur schwer erkennbare Blindgänger – Bomben, Granaten und Minen.“

Standortleiter Hering sagt: „Dann muss Herr Golde auch verantworten, wenn Leute zu Schaden kommen.“ Er habe mit Warnschildern rund ums Bombodrom seine Haftungspflicht erfüllt. Das Faltblatt sei eine „zusätzliche Maßnahme“ und nicht notwendig. „Ich kann Herrn Golde nicht zwingen, ich appellieren nur, die Flyer auszulegen.“

In den Monaten seit dem offiziellen Verzicht der Bundeswehr auf den Luft-Boden-Schießplatz Anfang Juli sei die Lage eskaliert. Immer wieder müssen die Soldaten Menschen herausgeleiten, selbst Familien mit kleinen Kindern, nicht selten aus Berlin. Allein im Juli und August waren es 60, die Dunkelziffer dürfte weitaus größer sein. Wer in der Sperrzone angetroffen wird, muss mit Strafgeldern von 35 bis 115 Euro rechnen.

„Die politische Aussage, dass die Heide jetzt frei ist, wird von vielen missverstanden. Die Gefahr, dass jemand verletzt oder getötet wird, ist relativ hoch. Man muss mit allem rechnen, wir finden hier jeden Tag Munition“, sagt Golde. Deshalb habe er den Warn-Flyer herausgegeben, damit Touristen nicht in das verseuchte Gebiet laufen, zudem stünden die Herbstferien bevor und Pilzsammler seien unterwegs.

Nach dem Verzicht der Bundeswehr auf den Übungsplatz ist immer noch unklar, was mit dem Gelände geschieht. Eine Beräumung von Munition dauert nach Herings Angaben mindestens 15 Jahre. Die Bundeswehrverwaltung warte nun auf eine Entscheidung des neuen Bundesverteidigungsministers, hieß es. Die Initiativen vor Ort wollen eine touristische Nutzung.

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