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Brandenburg: Warum Rot-Rot scheitern musste

Hartz IV ist nur ein Problem von vielen / Der PDS fehlt es an Personal Schönbohm: Nur bei Rot-Schwarz ist der Zeitplan für die Regierungsbildung noch zu halten

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Hartz IV ist nur ein Problem von vielen / Der PDS fehlt es an Personal Schönbohm: Nur bei Rot-Schwarz ist der Zeitplan für die Regierungsbildung noch zu halten Potsdam – Der Abbruch der Sondierungsgespräche zwischen SPD und PDS am gestrigen Donnerstag kommt nicht überraschend. Schon am Tag zuvor hatte PDS-Parteichef Ralf Christoffers gegenüber Journalisten erklärt, er glaube, dass die SPD schon aus taktischen Gründen Rot-Rot nicht wolle. Er bezweifle, ob Ministerpräsident Matthias Platzeck in seinen Entscheidungen tatsächlich frei sei. Christoffers am Mittwoch: „Ich fürchte, dass er Rücksichten auf die Kommunalwahlen am Sonntag in Nordrhein-Westfalen nehmen muss.“ SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness wies dies am Donnerstag zwar als „vollkommenen Quatsch“ zurück. Beide Länder seien nicht voneinander abhängig und müssten auch keine Rücksichten aufeinander nehmen. Es gehe der SPD bei allen Entscheidungen allein um Brandenburg. Dennoch pfiffen es die Spatzen von den Dächern, dass alles auf Rot-Schwarz hinausläuft. Christoffers selbst sagte am Mittwoch, die CDU sei nach ihrer Wahlniederlage für die SPD natürlich bequemer als die aus den Wahlen gestärkt hervorgegangene PDS. Nach Abwägung aller Pro und Kontra änderte die illusionslose PDS-Spitze darauf hin die Strategie für das Sondierungsgespräch am Donnerstag: Sie stellte knallharte, ultimative Forderungen sowohl zur Hartz-IV-Reform als auch zur Bildungspolitik. Wohl wissend, dass die SPD diese nicht annehmen würde. Allerdings haben beide Seiten sich noch ein Hintertürchen offen gehalten - für den Fall, dass die nun als sicher geltenden Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU doch noch scheitern sollten. Die Möglichkeit besteht zwar, da es auch Dissenspunkte zwischen SPD und CDU gibt. Doch fällt auf, dass sich CDU-Landeschef Jörg Schönbohm gestern Abend nach Bekanntwerden der gescheiterten Sondierungsgespräche zwischen SPD und PDS betont zurückhielt. Auf die Frage, ob die CDU sich jetzt in den Koalitionsverhandlungen gestärkt sehe, sagte er: „Gemeinsamkeit betont man nicht, in dem man Stärke zeigt, sondern durch Gemeinsamkeiten.“ Er werde so in die Gespräche gehen, dass man zu gemeinsamen Lösungen kommen könne. Generell sieht Schönbohm die Chancen für eine rot-schwarze Koalition jetzt jedoch gestiegen: Die PDS sei mit ihrer Hartz IV-Kampagne ganz offensichtlich zu weit gegangen. Das bleibe bei der SPD nicht ohne Wirkung. Intern werden in der SPD vier Gründe angeführt, warum Rot-Rot scheitern musste. Erstens gebe es bei den Sozialisten starke Kräfte, die Rot-Rot nicht mehr wollen. Dies habe sich auch bei dem zweiten Sondierungsgespräch gezeigt. Eingeräumt wird von der SPD allerdings auch, dass es an der eigenen Basis eine starke Stimmung gegen eine Koalition mit der PDS gibt. Dies sei auch darauf zurückzuführen, dass die PDS die Wahlveranstaltungen der SPD mit Hartz IV Protesten massiv gestört habe. Zweitens wird in der SPD nicht verhehlt, dass die PDS, für die der Wiedereinzug in den Bundestag 2006 eine existenzielle Frage ist, ein nur schwer kalkulierbarer Partner sei. Bei den Sondierungsgesprächen habe man über die Bundes-Reformen und die Reformfähigkeit der PDS gesprochen – ohne klares Ergebnis.„Wir brauchen aber eine stabile Regierung und können Schröder nicht vor den Kopf schlagen.“ Drittens geht man in der SPD davon aus, dass die PDS nicht wirklich auf eine Regierungsbeteiligung vorbereitet war. So fehle der PDS Personal. Tatsächlich hatte Parteichef Ralf Christoffers am Dienstag auf der ersten Fraktionssitzung eine solche Andeutung gemacht: Er führe derzeit Gespräche mit Persönlichkeiten außerhalb der PDS, falls es zu einer Regierungsbeteiligung kommen sollte. Ein führender Sozialdemokrat kommentierte die personelle Situation der Sozialisten so: „Ihr fehlen nicht nur ministrable Köpfe, sondern auch fähige Leute für die Staatssekretärs-Ebene.“ Als ministrabel gelten neben Bundeschef Lothar Bisky, der seine Aufgabe auch mit Blick auf die Bundestagswahl in Berlin sieht, nur Landeschef Ralf Christoffers und mit Einschränkungen die Spitzenkandidatin Dagmar Enkelmann. Ansonsten gilt nur der Unternehmer und Europaabgeordnete Hellmuth Markov, der früher einmal Landesvorsitzender war, als ministrabel. Viertens spricht die Zeit gegen Rot-Rot: Platzeck will die Regierungsbildung zügig angehen, bereits Mitte Oktober soll das neue Kabinett im Landtag vereidigt werden. Dieser Zeitplan wäre mit der PDS wohl nicht zu halten. Hingegen kennen sich SPD und CDU nach Ansicht Schönbohms „nach fünfjähriger großer Koalition so gut, dass Dissenspunkte schnell geklärt und Absprachen getroffen werden können“. Deshalb, so Schönbohm gestern, sei Platzecks Zeitplan bei Rot-Schwarz zu schaffen.

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