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Der Schriftzug "Abgeschoben/Deported" steht am 20.02.2017 in Schönefeld (Brandenburg) auf einem amtlichen Stempelbild der Bundespolizei. Der Bundesinnenminister informierte sich heute (20.02.2017) auf dem Flughafen Schönefeld über die Abläufe von Abschiebungen. Foto: Ralf Hirschberger/dpa-Zentralbild/dpa ++ +++ dpa-Bildfunk +++

© picture alliance / Ralf Hirschberger

Wegen Abschiebeplänen: Drastische Kritik am Brandenburger Innenministerium

In einem Vereinbarungsentwurf wird die Möglichkeit von Festnahmen in Ausländerbehörden und Sozialämtern thematisiert. Der Flüchtlingsrat ist alarmiert.

Von Wilhelm Pischke, dpa

Die Kritik gegen die Abschiebepläne aus dem Brandenburger Innenministerium wächst. Nach den Grünen im Landtag bekräftigten die Linken-Fraktion und der Flüchtlingsrat ihre ablehnende Haltung gegenüber der Zielvereinbarung. „Die Regierung führt weiterhin eine Phantomdebatte“, sagte der Vorsitzende der Linksfraktion, Sebastian Walter, am Freitag. Statt über Bezahlkarte und Abschiebungen zu lamentieren, müsse es um die Integration in den Arbeitsmarkt gehen. Arbeitserlaubnisse müssten erteilt und Berufsabschlüsse anerkannt werden, forderte Walter.

Drastischer äußerte sich der Brandenburger Flüchtlingsrat. Man sei zutiefst alarmiert angesichts der Pläne, Menschen mithilfe sogenannter Tischfestnahmen in Sozialämtern und Ausländerbehörden und unter Vorzeichen falscher Tatsachen schneller abschieben zu wollen, sagte eine Sprecherin der Organisation. „Diesen massiven Vertrauensbruch in die Behörden zugunsten hoher Abschiebezahlen in Kauf zu nehmen, ist erschreckend.“ Betroffene Geflüchtete seien so noch mehr unberechenbarer Gewalt sowie Traumatisierungen ausgesetzt. Die Menschen würden so verunsichert, alleine Termine in Behörden wahrzunehmen.

Ein vom Innenministerium erarbeiteter Entwurf für eine Mustervereinbarung zwischen Landkreis beziehungsweise kreisfreier Stadt und der Zentralen Ausländerbehörde war am Donnerstag den Landkreisen und kreisfreien Städten übersandt worden. Darin ist unter anderem die Möglichkeit von Festnahmen in den Räumlichkeiten der Ausländerbehörden und Sozialämter thematisiert. Der Abschluss der Vereinbarung ist demnach freiwillig und soll „der Optimierung des Rückführungsvollzugs dienen“. Eine Unterzeichnung steht laut Ministerium noch aus. Da es sich um einen Entwurf handele, solle dieser nicht öffentlich gemacht werden.

Integrationsbeauftragte nennt Tischfestnahmen ein „No Go“

Der Landkreis Barnim kündigte bereits an, das Schreiben nicht unterzeichnen zu wollen. Man habe die Entwürfe stets sehr kritisch kommentiert. „Es wird daher nicht verwundern, dass der Landkreis Barnim nicht beabsichtigt, die nun vorliegende Zielvereinbarung zu unterzeichnen“, betonte ein Sprecher des Kreises. Die Integrationsbeauftragte Doris Lemmermeier nannte die Tischfestnahmen ein „No Go“. „Ins Sozialamt geht man, weil man ganz andere Fragen klären will und das hat nichts mit Aufenthaltsfragen zu tun.“ Lemmermeier sagte: „Das finde ich ganz ganz mies.“

Die Maßnahme der sogenannten Tischfestnahme, bei der „vollziehbar ausreisepflichtige Personen in den Amtsräumen der Ausländer- oder Sozialbehörde zum Zweck der Abschiebung durch Vollzugskräfte der Zentralen Ausländerbehörde aufgegriffen“ würden, wird nach Informationen des Ministeriums in einigen Landkreisen bereits praktiziert. Auf die Frage, ob Termine durch die Behörden mit dem Ziel der Abschiebung vereinbart werden sollen, antwortete der Sprecher: „Zu den Gründen für die Termine bei den kommunalen Behörden liegen mir keine Erkenntnisse vor“. (dpa)

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