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Brandenburg: Weniger Frauen, mehr Wölfe

Die Abwanderung aus den Randregionen in Brandenburg birgt auch Chancen – für die Natur

Die Abwanderung aus den Randregionen in Brandenburg birgt auch Chancen – für die Natur Von Michael Mara Potsdam – Die Menschen werden aus den dünn besiedelten Randregionen Brandenburgs abwandern – dafür Wildtiere wie die Wölfe zurückkehren. „Die Natur erobert verloren gegangenes Terrain zurück“, prophezeien Forscher wie der Demografie-Experte Steffen Kröhnert vom Berlin-Institut für Bevölkerung. Als Beispiel führte er die Wiederansiedlung von Wölfen in der Niederlausitz an. „Anders als die Menschen der Region verfügen sie über ausreichend Nachwuchs, so dass der Bestand als gesichert gilt.“ Neben Wölfen hätten auch andere Tier- und Pflanzenarten, denen in den vergangenen Jahrzehnten der Lebensraum genommen wurde, „eine Chance zurückzukehren“. In Brandenburg und anderen Regionen im Osten gebe es schon heute weite Gebiete mit wenig gestörtem Naturraum. Kröhnert sieht die zu erwartende „Renaturierung“ unter den gegebenen Umständen – Industrien brechen zusammen, Menschen wandern ab, die Landwirtschaft nimmt weniger Raum ein – nicht als Nachteil an: Die Besinnung auf die landschaftliche Attraktivität Brandenburgs sei eine der wenigen Alternativen zur Entvölkerung der Randregionen, so Kröhnert. Er warnte vor der Illusion, dass die Landflucht zu stoppen sei. In verschiedenen Ländern wie Schweden seien Konzepte ausgearbeitet worden, um die Wanderungen aus dünn besiedelten Regionen in die Metropolen aufzuhalten. „Sie haben nicht funktioniert“, so der Demografie-Experte. „Die Entvölkerung der Randregionen konnte bisher nirgendwo gestoppt werden.“ Darüber, was das für Brandenburg konkret bedeutet, gibt es bisher kaum Forschungen. Die Debatte darüber habe erst begonnen. Langfristig, so prophezeite Kröhnert, werde es „zum Rückzug aus bestimmten Regionen" kommen, auch zur Aufgabe von Dörfern. Da vor allem die gut qualifizierten jungen Menschen, auch viele junge Frauen abwanderten, würden die schlecht qualifizierten Männer und älteren Menschen zurückbleiben. Die wachsende Konzentration jüngerer Männer, so Kröhnert, könne ein Konfliktpotenzial darstellen. Nach Prognosen könnten in 20 Jahren doppelt so viele Männer wie Frauen in den Randregionen leben. Vor allem werde es dort aber eine „unglaubliche Überzahl“ älterer Menschen geben. Junge Menschen würden kaum nachwachsen, die Geburtenraten wegen des Mangels junger Frauen extrem niedrig sein. Diese Situation werde für Politik und Wirtschaft mit „enormen Konsequenzen“ verbunden sein. Zum Beispiel stelle sich das Problem der Betreuung der alten Menschen. „Die Zahl der Einrichtungen für sie wird deutlich wachsen müssen.“ Eine weitere Frage sei, wieweit der Rand noch mit Infrastruktur versorgt werden könne. Große wirtschaftliche Projekte hätten in den Randregionen schon jetzt keine Chance mehr. Insofern seien die Pläne Platzecks, hier umzusteuern und sich auf das Berliner Umland sowie wenige Kerne zu konzentrieren, realistisch.

Michael Mara

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