Brandenburg: Wenn der Ehemann zur Bedrohung wird Die gemeldeten Fälle von häuslicher Gewalt gegen Frauen bleiben im Land Brandenburg seit Jahren auf einem konstanten Niveau, aber immer mehr junge Frauen suchen Schutz in Frauenhäusern
Potsdam Sie werden geschlagen, bedroht und gedemütigt Jahr für Jahr wird für mehrere tausend Frauen in Brandenburg das Leben in den eigenen vier Wänden unerträglich. Sie fliehen vor ihren gewalttätigen Ehemännern und Lebenspartnern und müssen sich Rat oder sogar eine neue Wohnung suchen.
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Potsdam Sie werden geschlagen, bedroht und gedemütigt Jahr für Jahr wird für mehrere tausend Frauen in Brandenburg das Leben in den eigenen vier Wänden unerträglich. Sie fliehen vor ihren gewalttätigen Ehemännern und Lebenspartnern und müssen sich Rat oder sogar eine neue Wohnung suchen. Nach Angaben des brandenburgischen Sozialministeriums werden pro Jahr rund 2400 Frauen, die Opfer häuslicher Gewalt geworden sind, von entsprechenden Hilfseinrichtungen im Land betreut. „Diese Zahl ist in den vergangenen drei Jahren fast unverändert stabil“, sagt Sprecherin Claudia Szczes.
Hinter der Statistik verbergen sich Leidenswege und Traumata. „Wir sind der letzte Zufluchtsort“, erklärt Friederike Geißler, Mitarbeiterin im Potsdamer Frauenhaus. „Manchmal kommen zu uns Frauen, die jahrelang in einer Gewaltbeziehung gelebt haben.“ Die Gründe, warum sie sich erst spät lösen, sind vielfältig: Scham gegenüber Familie und Behörden oder die Angst, alleine ein neues Leben aufbauen zu müssen. „Außerdem lassen sich Frauen viel gefallen und geben sich die Schuld, dass die Beziehung zu dem Mann nicht funktioniert“, sagt Geißler.
Das Potsdamer Frauenhaus hält 17 Plätze und ein Bett für Notfälle bereit. „Die Bewohnerinnen können so lange bleiben, bis sie eine Lösung für ihre Probleme gefunden haben“, sagt Geißler. Sieben Euro kostet eine Übernachtung, für ein Kind sind es drei Euro. Wer das Geld nicht aufbringen kann, wird unterstützt. Durchschnittlich dauert es drei Monate, bis eine Frau eine neue Wohnung findet, wie Geißler erklärt. Andere wiederum bleiben nur für eine Nacht um sich eine andere Bleibe zu suchen oder auch nicht selten zurück zu ihren gewalttätigen Männern zu gehen. Manche dieser Frauen müssten später ein zweites Mal wieder aufgenommen werden, sagt Geißler.
Die Adressen der insgesamt 17 brandenburgischen Frauenhäuser sind für Außenstehende tabu; am Telefon melden sich die Mitarbeiterinnen nicht mit einem Namen, sondern nur mit der jeweiligen Telefonnummer (siehe Adresse am Ende des Artikels). Weitere Hilfsangebote sind Schutzwohnungen und Beratungsstellen. Dafür zahlt das Land nach Auskunft des Sozialministeriums jährlich 900 000 Euro. Im vergangenen Jahr suchten 610 Frauen Zuflucht in Schutzwohnungen und Frauenhäusern (2005: 588). Die Zahl der mitgenommen Kinder blieb mit knapp 450 nahezu gleich. Nach Angaben des Innenministeriums sank die Zahl der gemeldeten Gewaltstraftaten gegen Frauen im vergangenen Jahr erneut. Der Polizei wurden nach Angaben von Freitag 2116 Fälle (minus 5,7 Prozent) bekannt.
Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) nennt die Entwicklung in einer Pressemitteilung „ermutigend“. Ganz oben auf der Gewaltskala stehen Körperverletzung, Bedrohung, Nötigung und Freiheitsberaubung. Gut jeder fünfte Mann stand unter Alkoholeinfluss. Die Polizei ermittelte 1854 Tatverdächtige (1922) und sprach 383 Platzverweise (429) beziehungsweise 33 Aufenthaltsverbote (44) aus. 371 Täter (431) wurden in Gewahrsam genommen.
Mittlerweile haben die Frauenhäuser mit einer neuen Klientel zu tun. Immer häufiger suchen junge Frauen bis 25 Jahre und Migrantinnen, die mit einem deutschen Mann zusammenleben, Schutz vor Gewalttätern, wie Geißler sagt. Um allen Frauen angemessen helfen zu können, reicht ihrer Meinung nach das zugewiesene Geld nicht aus.
Erst kürzlich hat Sozialministerin Dagmar Ziegler (SPD) jedoch auf eine Kleine Anfrage mitgeteilt, dass für den Doppelhaushalt 2008/2009 die Zuschüsse für das Netzwerk der Frauenhäuser im Land Brandenburg nicht verändert werden sollen.
www.gewalt-gegen-frauen.brandenburg.de
Leticia Witte
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