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Brandenburg: „Wer hat Angst vorm bösen Wolf?“

Die in Brandenburg frei lebenden Tiere beschäftigen jetzt auch das Bundesumweltministerium

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Berlin - Ein lebensgroßer Pappwolf schaut durch die Scheiben in den Kongresssaal der Katholischen Akademie in Berlin. Wolfsgeheul eröffnet und beendet die einzelnen Tagesordnungspunkte einer ungewöhnlichen Konferenz, zu der das Bundesumweltministerium am gestrigen Dienstag eingeladen hatte: „Wer hat Angst vorm bösen Wolf“. Die Konferenz hatte zum Ziel, die oftmals emotional geführte Diskussion der Bevölkerung sachgerecht zu vermitteln. Denn die Wölfe sind bekanntlich nach Deutschland zurückgekehrt – und vor allem vermehren sie sich fleißig. Zwei Rudel mit insgesamt zwei bis drei Dutzend Tieren leben im sächsisch-brandenburgischen Grenzgebiet, der Lausitz.

Die Rückkehr der Wölfe sei ein „ermutigendes Zeichen für den Artenschutz“, sagte die Parlamentarische Staatssekretärin im Umweltministerium, Astrid Klug (SPD). Und die Rückkehr, das behaupteten gestern Vertreter von Bund und Ländern, ist von der Gesellschaft gewollt. Fast alle anderen Referenten bestätigten dies. Lediglich der Vertreter des brandenburgischen Jagdverbandes, Wolfgang Bethe, wies auf Konflikte hin, die entstehen, wenn zu viel Wild von Wölfen gerissen wird. Prompt erntete er das Missfallen des Publikums, das zum großen Teil aus Vertretern von Naturschutzverbänden, Wissenschaftlern und anderen Interessierten bestand.

Am Nachmittag wurde die Diskussion nicht den geladenen Referenten überlassen. Dabei wurde deutlich, dass die Rückkehr der Wölfe durchaus eine Reihe von Konflikten heraufbeschwört, deren Lösung noch bevorsteht. Ein Vertreter des Landesschäferverbandes, der nicht offiziell eingeladen war, monierte fehlende Regelungen für Entschädigungen, wenn Schafe gerissen werden oder für den Fall, dass besondere Schutzmaßnahmen für die Tiere getroffen werden müssen. Eine Pädagogin aus Sachsen mahnte an, dass die Wolfsfreunde auch unangenehme Wahrheiten nicht leugnen sollten. So stimme die Behauptung, dass noch nie ein gesunder Wolf einen Menschen angefallen habe, nicht. Sie habe in den Wolfsgebieten auch erlebt, dass Eltern ihre Kinder aus Angst vor Wölfen nicht mehr zu Fuß in die Schule gehen ließen. Solche Ängste müsse man ernst nehmen.

Gesa Kluth und Ilka Reinhardt, die die Wölfe seit Jahren wissenschaftlich betreuen, sehen hingegen nicht, dass momentan von den Wölfen eine Gefahr für den Menschen ausgeht. Sie plädierten angesichts zunehmender kritischer Presseberichte erneut für ein professionelles Wolfsmanagement, das erst in Ansätzen existiert. Denn der Wolf, das wurde gestern mehr als deutlich, ist keinem Menschen gleichgültig.

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