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Brandenburg: „Wie Gott mir, so ich dir“
Bischof Rainer Maria Woelki verabschiedete sich und bat um Verzeihung
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Berlin - Fast auf die Woche genau vor drei Jahren wurde Rainer Maria Woelki in der Hedwigs-Kathedrale als Erzbischof eingeführt. Wie damals sind auch an diesem Sonntag alle Plätze besetzt, es gibt Musik vom Feinsten und eine kraftvolle Predigt. Diesmal sitzt sogar der Regierende Bürgermeister in der ersten Reihe. Kardinal Woelki ist sichtlich gut gelaunt und begrüßt die Gäste in seiner typisch lockeren und zugleich etwas linkischen Art. „Nun feiere ich mit Ihnen ein letztes Mal die Heilige Eucharistie in unserer Hedwigs-Kathedrale.“ „Unsere“ Kathedrale? Von wegen, mögen Architekten, Denkmalschützer und all jene Katholiken denken, die hoffen, dass die von Woelki angestoßenen Pläne für die Umgestaltung von St. Hedwig gestoppt werden.
Woelki dankt in seiner Predigt auch jenen, die sich mit ihm „schwergetan“ haben. In seinem Abschieds-Hirtenwort bittet er gar um „Verzeihung, wo ich Sie enttäuscht oder vielleicht verletzt habe“. Etliche Katholiken erzählen, dass sie ihn autoritär erlebt haben, unzugänglich. Gott liebe den Menschen bedingungslos, ohne aufzurechnen, sagt Woelki und ruft jetzt mit kräftiger Stimme: „Wie Gott mir, so ich dir.“ Das sei ein Gesetz christlichen Lebens.
Stefan Lüttke wird das nicht trösten. Er wurde vor 14 Jahren in der Potsdamer Sankt-Peter-und-Paul-Kirche von einem Priester sexuell missbraucht. Er hatte gehofft, dass Woelki den Priester öffentlich verurteilen würde, nachdem der intern seine Schuld zugegeben hatte. Doch die öffentliche Verurteilung klang wie eine Rehabilitierung. Woelki hat das rehabilitierende Publicandum nicht selbst geschrieben. Aber er hat den Fall eben auch erst dann zur Chefsache erklärt, nachdem die Medien berichtet hatten.
Er wünsche den Berliner Katholiken „Mut und Ausdauer auf dem Weg in die Zukunft“, sagt der Kardinal am Ende seiner Predigt. „Aber nicht im Sinne von Museumswächtern ..., sondern als Christen, die im Heute angekommen sind.“ Für die Kritiker seiner Bistumsreform und seiner Kathedral-Pläne muss das wie eine Ohrfeige klingen.
Später hält Klaus Wowereit ein launiges Grußwort. Er lobt Woelkis „menschliche Wärme und Zugewandtheit“. Und ja, Woelki sei konservativ in dem Sinne, wie auch er selbst konservativ sei: Er wisse um die Ursprünge und Quellen des Lebens, und wolle daraus leben. Wowereit erhält tosenden Applaus. Am 20. September wird Woelki in Köln als neuer Erzbischof eingeführt. Wer ihm in Berlin nachfolgt, ist noch nicht bekannt. Manche fürchten, es könnte der erzkonservative Georg Gänswein sein. Sollte es so kommen, werden sich auch Woelkis Kritiker nach ihm zurücksehnen. Claudia Keller
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