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Einkaufen am Flughafen: „Wir sind hier in Brandenburg!“

Unser Autor Johann Legner übertritt die Datumsgrenze in der Presselandschaft. Ein Versuch, sonntags am Flughafen in Schönefeld an frische Hauptstadtpresse zu gelangen.

Die Imageprobleme des Flughafenstandorts Schönefeld sind offenkundig. Die Bauruine gilt inzwischen weltweit als Beispiel dafür, dass auch der Pfusch zuweilen „Made in Germany“ als Erkennungszeichen trägt. Als ob da nicht schon genug an Spott und Hohn wäre – der immer noch und wohl auch längere Zeit noch in Betrieb befindliche Alt-Flughafen dort, der einst das DDR-Tor zur Welt war, trägt auf seine Art dazu bei. Wer beispielsweise am Sonntagvormittag eine aktuelle Tageszeitung oder die jüngste Ausgabe eines großen deutsches Nachrichtenmagazins käuflich erwerben will, findet diese natürlich an jeder Berliner Tankstelle. Fährt er aber ein paar Hundert Meter weiter über die Stadtgrenze zum Flughafen Schönefeld, so gibt es dort keine Sonntagszeitungen und natürlich auch kein Nachrichtenmagazin. Das bekomme man in Schönefeld immer erst am Montag frühestens um 10 Uhr. Und wer da ungläubig den Kopf schüttelt, dem wird nicht etwa bedauernd und verschämt erklärt, dass der Zeitungsvertrieb nun mal nichts anderes zulasse und man deswegen leider nicht alles, was man gerne verkaufen würde, auch verkaufen könne. Nein, da wird trotzig, empört und mit rechthaberischem Blick dem Kaufinteressenten ein „Wir sind hier in Brandenburg und nicht in Berlin!“ entgegengeschleudert. Ja, wir sind am Standort des zukünftigen Flughafens „Willy Brandt“ in Brandenburg und wer das nicht gemerkt hat, dem wird das jetzt eben dadurch beigebracht, dass man es in Brandenburg gar nicht nötig hat, mit ihm ein Geschäft zu machen! Auf beharrliche Nachfragen sagt dann der Verkäufer, dessen Verkaufsstand planmäßig eigentlich schon längst den neuen Großflughafen versorgen sollte, dass es auch so bleiben werde mit der Sonntagsabstinenz, wenn aus der Bauruine irgendwann wirklich ein Abfertigungsgebäude werden würde. Und sagt, damit es auch der Letzte versteht: „Denn das ist dann immer noch Brandenburg und nicht Berlin.“ Wer sich mit aktuellen Presseprodukten versorgen will, kann ja die nächstgelegene Berliner Tankstelle ansteuern. Die ist ja auch fast schon fußläufig erreichbar. Aber das hat der Berliner im Regelfall derzeit ja gar nicht nötig. Der kauft weiter in Tegel ein – was tatsächlich in Berlin liegt.

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