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Brandenburg: Wirtschaft: Bei Investitionen nicht kürzen

Regierung gerät vor Haushaltberatung unter Druck / DIW vermisst Strategie für Brandenburg

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Regierung gerät vor Haushaltberatung unter Druck / DIW vermisst Strategie für Brandenburg Potsdam (PNN/ma/thm). Wenige Tage vor den Kabinettsbeschlüssen zum Sparhaushalt wächst der Druck auf die von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) geführte Landesregierung. Zugleich nehmen die Spannungen in der Koalition vor der entscheidenden Kabinettsitzung am kommenden Dienstag zu. Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns stellte sich gestern offen hinter Forderungen der Wirtschaftsverbände, Kammern und Gewerkschaften, die zuvor in einer gemeinsamen Initiative vor weiteren Kürzungen bei Investitionen für Infrastruktur, Städtebau und Wirtschaft gewarnt hatten. Wirtschaftswachstum werde nur erreicht, wenn man die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessert, sagte er den PNN. „Nur dann kann der Standort Brandenburg wirklich im Wettbewerb konkurrieren.“ Damit stellte er sich gegen bisherige Sparpläne von Finanzministerin Dagmar Ziegler (SPD) und Staatskanzlei-Chef Rainer Speer, die insbesondere die „Investitionsressorts“ Bauen und Wirtschaft betreffen. Auch Bauminister Hartmut Meyer (SPD) hatte sich gegen Kürzungen beim Städte- und Straßenbau ausgesprochen. „Die Infrastruktur ist der Schlüssel zum Aufschwung Ost“, heißt es in einem 11-Punkte-Papier der Unternehmensverbände, Wirtschaftskammern und Gewerkschaften. Geplante Kürzungen um 20 Millionen Euro bei der so genannten Gemeinschaftsaufgabe hätten den Verlust von 5000 Arbeitsplätzen zur Folge. In dem Papier wird weiter gefordert, die Investitionsquote bei 20 Prozent zu verstetigen sowie die Kofinanzierung von Bundes- und EU-Mitteln vollständig zu sichern. Wie berichtet, beabsichtigt die Landesregierung unter anderem die Bund-Landesprogramme zur Städtebauförderung um zehn Prozent zu kürzen. Die Kofinanzierung von Bundes- und EU-Programmen soll nicht mehr tabu sein. Dies stößt auch in der Großen Koalition selbst auf heftigen Widerstand. Es sei das falsche Signal, wenn Brandenburg freiwillig auf Bundeshilfen verzichte, kritisierten gestern die SPD-Abgeordneten Ulrich Freese und Dietmar Woidke. Ähnliche Äußerungen kommen aus der CDU. Auf der gemeinsamen Pressekonferenz der Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und Wirtschaftsforscher wurde die bisher schärfste Kritik an der Sparpolitik der Landesregierung laut. Sie erfolge nach dem Rasenmäher-Prinzip ohne wirkliche Prioritätensetzung. Es sei symptomatisch für Brandenburg, dass es sich Sozialausgaben über dem Bundesniveau leiste, statt die Prioritäten bei Investitionen zu setzen, sagte Karl Brenke vom renommierten Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Er beklagte zugleich strategische Defizite der Landesregierung: Es gebe kein Konzept zur wirtschaftlichen Entwicklung Brandenburgs. Vielmehr hangele man sich von Haushalt zu Haushalt. DGB-Landeschef Dietmar Scholz warf der Platzeck-Regierung vor, ihren politischen Gestaltungsspielraum aufgegeben zu haben. „Es wird nur noch der Mangel verwaltet“, klagte Scholz. „Die Mutlosigkeit der Politik ist bedrohlich.“ Die falsche Haushalts- und Finanzpolitik wurde mit dafür verantwortlich gemacht, dass sich der Rückstand Brandenburgs zu den alten Ländern weiter vergrößere. Der Potsdamer IHK-Präsident Victor Stimming äußerte die Befürchtung, dass die Koalition wegen der bevorstehenden Kommunal- und Landtagswahlen vor Kürzungen bei den konsumtiven Ausgaben zurückschrecke und den Rotstift dafür bei den Investitionen ansetze. Er schlug vor, bereits vor der Landtagswahl 2004 Arbeits- und Wirtschaftsministerium zusammenzulegen.

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