Ausweitung der Kommunalwirtschaft: Wirtschaft: Rot-Rot schafft im Land Marktwirtschaft ab
Die Bemühungen der Handwerks, der Industrie- und Handelskammern (IHK) und der Wirtschaftsverbände Brandenburgs, wenigstens noch einige Änderungen bei dem Gesetzesvorhaben zur Ausweitung der Kommunalwirtschaft zu erreichen, sind gescheitert.
Stand:
Potsdam - Ein Gespräch mit den Spitzen der Regierungsfraktionen brachte am Dienstagabend keine Annäherung. Die SPD/Linke-Regierung ging auf keinen der Wünsche und keine Bedenken gegen die geplante, drastische Ausweitung der Wirtschaftsaktivitäten der Gemeinden ein.
„So etwas habe ich in meiner fünfjährigen Amtszeit noch nicht erlebt“, sagt Bernd Ebert, Präsident der Handwerkskammer Potsdam. Potsdams IHK-Präsident Victor Stimming erklärte, dass mit dem Entwurf die Grundlagen der Sozialen Marktwirtschaft ausgehebelt würden. Dabei waren sich beim Gesetz zur kommunalen Daseinsvorsorge diesmal – auch dies ist für Ebert neu – nicht nur die Kammern, sondern auch alle Wirtschaftsverbände einig. Sie werten den vom Innenministerium eingebrachten und von den rot-roten Fraktionen übernommenen Entwurf als „eine in der Bundesrepublik bislang ungekannte Ausweitung der Staatswirtschaft mit schwer abzuschätzenden Folgen“, wie es Wolfgang Krüger, Hauptgeschäftsführer der IHK Cottbus, formuliert.
In einem mehrstündigen Gespräch hatten die Vertreter der Kammern und der Hauptgeschäftsführer der Unternehmensvereinigung UVB, Christian Amsick, am Dienstagabend in Potsdam versucht, die Fraktionschefs Kerstin Kaiser (Linke) und Ralf Holzschuher (SPD) dazu zu bewegen, die Schlussabstimmung über das Gesetz zu verschieben. Sie schilderten dabei die befürchteten Folgen für eine Reihe von Betrieben, falls die Gemeinden in Zukunft ohne weitere Beschränkungen als Konkurrenten auftreten könnten. „Frau Kaiser hat uns vorgeschlagen, dass wir uns in Zukunft öfter mal treffen sollten und eventuell eine Art Stammtisch einrichten könnten. Herr Holzschuher hat gesagt, falls es Probleme gebe, könne das Gesetz ja in absehbarer Zeit nachgebessert werden“, resümierte Ebert und ergänzt, dass die Atmosphäre „etwas frostig“ wurde.
Jetzt schlagen die Wirtschaftsvertreter auch öffentlich Alarm und planen eine Anzeigenkampagne in den Tageszeitungen Brandenburgs. Doch Sozialdemokraten und Linke sind fest entschlossen, ein Gesetz in Kraft zu setzen, das nach Aussagen des Linken-Abgeordneten und nominierten Parteichefs Stefan Ludwig die Kommunen „auf Augenhöge“ mit der Privatwirtschaft bringt. Das Gesetz hebt eine Vielzahl der derzeit geltenden Beschränkungen auf, die für Betriebe gelten, die im Besitz der Gemeinden, Städte und Kreise sind. So können sie auch außerhalb ihres Gemeindegebietes tätig werden und dort auch in direkte Konkurrenz zu Privatfirmen treten. Selbst Nagelstudios könnten Kommunen nun theoretisch eröffnen.
Das Gesetz war daher auch in der SPD umstritten. Reinhold Dellmann, früher SPD-Verkehrsminister und Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses des Landtags, hatte davor gewarnt. Jetzt gehört er als Hauptgeschäftsführer der Fachgemeinschaft Bau zu denen, die einen Protestbrief an seine einstigen Landtagskollegen unterschrieben haben. Mit „einer großen Enttäuschung“ endeten laut Dellmann die Versuche, bei der Landesregierung und bei den Abgeordneten Gehör zu finden. Eine stattliche Delegation war Anfang September bei Regierungschef Matthias Platzeck (SPD) gewesen. Zusammen mit Innenminister Dietmar Woidke (SPD) hatte er sich die Bedenken der Wirtschaft angehört und dabei auf laufende Beratungen verwiesen. Wenige Tage später, beim Brandenburger Unternehmertag wurde er öffentlich noch mal aufgefordert, selbst aktiv zu werden. Er versprach darauf hin, Zeit für weitere Gespräche zu haben. Tatsächlich fand sich aber kein Termin und auch das Gespräch mit den beiden Fraktionschefs fand erst statt, nachdem faktisch schon alles gelaufen war und der Entwurf in den Ausschüssen mit Hilfe der Grünen weitgehend unverändert abgesegnet war.
CDU und FDP wollen jetzt die Forderung erneut in den Landtag tragen und durch namentliche Abstimmung jeden Koalitionsabgeordneten in die Verantwortung nehmen.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: