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Auf Tuchfühlung. Die Brandenburger Landpartie am kommenden Wochenende bietet Gelegenheit zum Familienausflug und Kindern das besondere Ereignis der Kontaktaufnahme mit Kühen, Schweinen sowie anderen vier- oder zweibeinigen Tieren.

© dpa

Brandenburg: „Wissen über gesunde Ernährung geht verloren“

Landesagrarminister Jörg Vogelsänger (SPD) über die 20. Brandenburger Landpartie

Stand:

Herr Vogelsänger, kommendes Wochenende lädt Brandenburg zur 20. Landpartie ein. Was steckt hinter der Veranstaltung?

Die Idee der Landpartie ist, möglichst viele Facetten des märkischen Landlebens an einem Wochenende zu präsentieren und so Lust auf neue Entdeckungen zu machen. Das Wochenende bietet einen Mehrwert gegenüber anderen Ausflugstagen. Für die landesweite Aktion lassen sich die gastgebenden Betriebe immer etwas Besonderes einfallen.

In den vergangenen Jahren kamen jeweils mehr als 100 000 Besucher. Was macht den Reiz aus?

In der Werbung für die Landwirtschaft wird ja gern mit gläserner Produktion und Landwirtschaft zum Anfassen geworben. Aber was heißt das? Noch näher als bei der Landpartie kommen Verbraucher und Landwirte nirgendwo zusammen. Wir merken alle, dass das Wissen darum, wie Brot und Milch auf unsere Tische kommen, zurückgeht. Früher hatte ja fast jede Familie noch Verwandtschaft auf dem Dorf. Inzwischen gibt es auf dem Land Gemeinden, in denen kein einziger Landwirt mehr aktiv ist. Die zahllosen Ratgeberseiten, Kampagnen und Werbeaktionen haben nicht verhindern können, dass viel Alltagswissen über gesunde Ernährung und den Umgang mit Nahrungsmitteln verloren gegangen ist. Wir wollen da aber nicht mit erhobenem Zeigefinger gegensteuern, sondern vielmehr im Format eines fröhlichen Ausflugs Informationen über Landwirtschaft und Landleben unter die Leute bringen. Es gibt da die schöne Geschichte, die Gerhard Stackebrandt aus Hohennauen immer wieder erzählt. Er hatte eine bayrische Studentin zu Gast, die ihn in seinem modernen Stall fragte, wo denn die Ketten sind. Er kam lange nicht drauf, bis ihm einfiel, dass sie Kuhketten meinte, mit der in ihrer Heimat immer noch viele Rinder in Ställen gehalten werden. Das zeigt, wie viel Aufklärung noch nötig ist.

Biobauern und Kutschfahrten – wird mit der Landpartie nicht gerade das Klischee eines romantischen Landlebens bedient, das Betreibern großer Zucht- und Mastanlagen oft das Leben schwer macht?

Die Gesamtmischung hat immer funktioniert. Unter den Gastgebern finden sich große und kleine Betriebe, so wie die Brandenburger Landwirtschaft eben auch ist. Da brauchen wir uns auch nicht verstecken. Natürlich muss ein professionell arbeitender Tierhalter auch sehr hohe Standards im Tier- und Seuchenschutz einhalten, wenn Besucher durch den Betrieb gelotst werden. Den hohen Aufwand scheut sicher der eine oder die andere. In die Lücke springen dann gern diejenigen, die über die Direktvermarktung in ihren Hofläden oder vom Feld auf Kundenkontakt angewiesen werden und natürlich auch diejenigen, die sich mit Landurlaubsangeboten ein weiteres Standbein aufgebaut haben. Im Übrigen werden sich mindestens 41 der Gastgeber mit dem Logo „Wir bilden aus“ beteiligen. Da können sich junge Leute mit ihren Eltern selbst ein Bild davon machen, dass Landwirtschaft eine sehr interessante Mischung aus Hacke und Hightech ist.

Eröffnet wird die Landpartie auf dem Gut Schmerwitz, ein Bio-Betrieb im Naturpark Hoher Fläming. Was zeichnet das Gut aus?

Schmerwitz ist einer unserer Vorzeigebetriebe in Sachen Regionalvermarktung. Der Geschäftsführer des Unternehmens, Gerrit van Schoonhoven, engagiert sich seit Jahren für unsere erfolgreichste Regionalmarke, die Marke „Von Hier“. Schmerwitz ist auf vielen Geschäftsfeldern aktiv – sei es bei Werder-Frucht, im Verband pro agro oder im Bioland-Verband.

Bis Schmerwitz sind es knapp 70 Kilometer. Sind die Veranstaltungsorte rund um Berlin nicht überlaufen, während weiter weg gähnende Leere herrscht?

Ich will hier mit einer Legende aufräumen: Die Brandenburger Landpartie ist keine Aktion für landliebende Berliner, auch die Brandenburger selbst sind aufgerufen, sich auf den Weg zu machen und ihr Land zu erkunden. Wir empfehlen den Gastgebern auch, sich zusammenzuschließen, um als noch größerer Anziehungspunkt an einem Ort wahrgenommen zu werden. Das klappt auch. Da werden Dorffeste gefeiert, Pächterversammlungen einberufen, Sportveranstaltungen und Konzerte organisiert. Gähnende Leere kann man sich auch organisieren, deshalb fordern wir alle Gastgeber dazu auf, in ihren Regionen aktiv die Werbetrommel zu rühren und mit guten Angeboten zu überzeugen.

Die Fragen stellte Matthias Matern

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