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Von Matthias Matern: Wolf abgeschossen
Das weibliche Tier wurde mitten im Totalreservat erlegt / Anzeige gegen unbekannten Täter erstattet
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Jüterbog/Potsdam - Wegen des illegalen Abschusses eines Wolfs bei Jüterbog (Teltow-Fläming) hat die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg jetzt Anzeige erstattet. Erlegt worden sei das Tier vermutlich bereits im vergangenen Spätfrühling auf dem Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes Jüterbog West, teilte die Stiftung am Donnerstag den PNN mit. Der Fundort des Kadavers lag Angaben zufolge auf einem rund 7000 Hektar großen Areal der Stiftung im Naturpark Nuthe-Nieplitz. Eine genetische Untersuchung habe eindeutig ergeben, dass es sich um einen weiblichen Wolf gehandelt habe, berichtete Stiftungssprecherin Anika Niebrügge gestern. „Wir haben am Mittwoch Strafanzeige gegen einen unbekannten Täter gestellt.“
Experten gehen aber davon aus, dass es sich beim Täter um einen Jäger gehandelt haben muss. Wölfe genießen in Europa größten Schutzstatus, unterliegen dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen, der Berner Konvention und der Fauna-Flora-Habitat Richtlinie. Somit ist das Töten von Wölfen auch durch das Bundesnaturschutzgesetz strengstens verboten. Bei Verstoß drohen bis zu 50 000 Euro Strafe, der Entzug der Jagderlaubnis und in besonders schweren Fällen sogar Freiheitsentzug.
Entdeckt worden war der getötete Wolf im Juni 2010 von zwei Spaziergängern, die den Kadaver fotografierten und die brandenburgische Naturwacht informierten. „Auf den Fotos ist eindeutig zu erkennen, dass das Tier mit einem Kopfschuss erlegt wurde“, berichtete Andreas Hauffe, Wolfsexperte bei der Naturwacht, gestern. „Weil die Wegbeschreibung ungenau war, hat es aber eine knappe Woche gedauert, bis wir das Tier gefunden haben“, erinnerte er sich. Vor Ort aber wartete eine Überraschung: Der Kopf des Tieres fehlte. Ob dieser bewusst abgetrennt worden war, habe sich nicht erkennen lassen. „Vermutlich waren bereits andere Tiere wie Füchse und Wildschweine am Werk“, so Hauffe. Dass ein Jäger in der Annahme, es handele sich um einen wildernden Hund, geschossen hat, glaubt Hauffe nicht. „Das ist ein Totalreservat. Dort ist die Jagd generell verboten“, sagte der Naturwächter gestern.
Obwohl Wölfe als menschenscheu gelten, stößt deren Rückkehr nach Deutschland auch auf Skepsis. Vor allem Jäger und Tierzüchter lehnen die Ausbreitung der Rudeljäger ab. Im Februar etwa sprach sich der Deutsche Jagdschutzverband für eine Bejagung aus. Angaben des brandenburgischen Landesumweltamtes (LUA) zufolge wurde 2010 auch auf dem Areal der Heinz Sielmann Stiftung in Wanninchen (Dahme-Spreewald) ein Wolf illegal erlegt. 2009 erschoss ein Jäger in Sachsen-Anhalt einen Wolf. Zwar zog die zuständige Behörde umgehend den Jagdschein ein, doch später lehnte das Amtsgericht Burg die Eröffnung eines Hauptverfahrens mit der Begründung ab, der Schütze sei „der Tat nicht hinreichend verdächtig“.
Geschürt wird die Angst zudem durch gelegentliche Risse von Nutztieren. Für Aufsehen etwa sorgte im vergangenen Jahr ein vermeintlicher Wolfsangriff auf einer Kuhweide bei Proschim (Spree-Neiße). Vier Kälber sollen gerissen worden sein. Eine steigende Tendenz können Wolfsexperten allerdings nicht erkennen. 2008 waren es nach LUA-Angaben 69 Schafe und zwei Ziegen, 2009 nur 34 Schafe und eine Ziege. 2010 sind dagegen wieder 61 Nutztiere von Wölfen gerissen worden. Betroffene Tierhalter werden vom Land Brandenburg jedoch großzügig entschädigt. Allein 2008 wurden 10 000 Euro gezahlt, 2009 flossen rund 7000 Euro. Dennoch machen Wolfsgegner immer wieder mobil.
Erst Anfang der Woche hatte ein neu gegründetes Bündnis aus angeblich geschädigten Tierhaltern und aufgebrachten Bürgern aus dem Norden Brandenburgs und Mecklenburg Vorpommern wie berichtet gefordert, Wölfe müssten zum Abschuss freigegeben werden.
Dabei wird die Population ohnehin immer wieder auch durch Autounfälle dezimiert. Erst Anfang März wurde nahe Drebkau (Spree-Neiße ) eine junge Wölfin von einem Auto erfasst. Bereits im November des vergangenen Jahres starb der Leitwolf eines Rudels bei einem Verkehrsunfall an der Landesstraße 97 bei Welzow, ebenfalls im Spree-Neiße Kreis.
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