Brandenburg: Wölfe sind willkommen
Naturschutzbund und Jagdverband in Brandenburg einigten sich auf gemeinsames Vorgehen
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Potsdam - Im „Wolfsstreit“ haben der Naturschutzbund (NABU) Brandenburg und der Landesjagdverband das Kriegsbeil begraben. Während der NABU-Landesvertreterversammlung unterzeichneten beide Seiten am Samstag im Potsdamer Haus der Natur eine gemeinsame Erklärung „zur Rückwanderung ausgerotteter Großsäugetiere“. Darin wird die natürliche Rückkehr des Wolfs, aber auch anderer ausgerotteter Arten wie Elch und Luchs begrüßt. Ist das für den Luchs noch Zukunftsmusik, scheint der Elch bereits auf dem Weg zurück nach Brandenburg. In diesem Jahr wurden bereits mehrere Exemplare gesichtet.
Vor wenigen Monaten waren NABU und Jagdverband noch weit von einem gemeinsamen Standpunkt entfernt. Nachdem sich vom Nordosten Sachsens aus in diesem Jahr ein Wolfsrudel in Südbrandenburg ansiedelte, das sogenannte Zschornoer Rudel, hatten besonders Jäger und Bauern gegen den „grauen Räuber“ Front gemacht. Sie sahen in ihm einen Konkurrenten bei der Jagend auf Reh, Hirsch und Wildschwein und eine Gefahr für Haustiere. Auch die Furcht vor dem Raubtier, das sogenannte „Rotkäppchen-Syndrom“, spielt bei Bewohnern der Zschornoer Heide unweit Sprembergs eine Rolle.
Ohne durchschlagenden Erfolg hatte das Wildbiologische Labor Lupus Spreewitz versucht, die Vorurteile gegen den Wolf zu entkräften. Er greife Menschen so gut wie nie an und mindere die ohnehin zu hohen Wildbestände nur unwesentlich. Haustiere könne man durch geeignete Einfriedungen der Weideplätze schützen. Zudem gebe es für gerissene Tiere Schadenersatz. Zeitweise fuhr Lupus, das seit 2002 im Auftrag des sächsischen Umweltministeriums ein wissenschaftliches Monitoring zu den frei in der Lausitz lebenden Wölfen durchführt, schweres Geschütz auf und verdächtigte Jäger, nach dem Motto „Schießen, Schaufeln, Schweigen“ das seit 1990 streng geschützte Tier abzuschießen. Hinweise darauf gäben der Totfund einer Wölfin im Spreewald und das rätselhafte Verschwinden von Welpen aus dem Zschornoer Rudel. Durch die gemeinsame Erklärung, die vom NABU-Landesvorsitzenden Tom Kirschey und LJV-Präsidiumsmitglied Dr. Kurt Walter unterzeichnet wurde, sollen die Ressentiments nun der Zusammenarbeit weichen. Beide Verbände vereinbarten u. a. eine Erfassung und Auswertung von Beobachtungs- und Funddaten und wollen in der Bevölkerung um Akzeptanz für den Wolf werben. Um Konflikten vorzubeugen, sei eine Aktualisierung des vor einigen Jahren vom Landesumweltamt vorgelegten Managementplans für den Wolf erforderlich. Naturschützer und Jäger befürworten Entschädigungsregelungen und die Förderung von Schutzmaßnahmen für Schafhalter. Dringend notwendig sei eine wissenschaftliche Begleitung, um die Rückwanderung genau verfolgen zu können und zu beobachten, wie sich die Tiere in unserer Kulturlandschaft verhalten. Voraussetzung für die erfolgreiche Rückwanderung der Großsäuger, aber auch für andere Wildarten sei die Erhaltung unzerschnittener Landschaftsräume und die Schaffung von Wanderkorridoren. Beide Verbände wollen sich dafür einsetzen, dass dies bei der Raumordnung und vor allem bei der Planung neuer Verkehrstrassen besonders berücksichtigt wird.
Erhart Hohenstein
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