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POSITION: Wozu Kommunalpolitik?

Weshalb es sich lohnt, Partei zu ergreifen und die Heimat mitzugestalten

Viele Menschen sind der Ansicht, sie würden von Leuten regiert, die dümmer sind als sie selbst. Denn in vielen märkischen Städten und Köpfen geht es in der Kommunalpolitik hoch her. Stadtverordnete stehen beispielsweise in der Kritik, obwohl sie ehrenamtlich und mit bester Absicht ihre Entscheidungen zum Wohle der Stadt treffen. Für letzteres wurden sie gewählt, nicht, um schief angesehen zu werden, weil sie unter Generalverdacht stehen, „Politiker“ zu sein. Jeder weiß um die negative Aufladung des Wortes. Aber es gibt auch Gegenbeispiele, Gemeinde- und Kreistagsmitglieder, die große Anerkennung erfahren und Weihnachtskarten und Selbstgebackenes bekommen, weil sie ihren Kopf hinhalten; sich im ständigen Kontakt mit den Menschen rechtfertigen und für ihre Ansichten werben. Von diesem Wechselspiel, diesem Austausch zwischen Bürger und ihren gewählten Vertretern, lebt die Demokratie. Der Volksvertreter sagt nicht, „wo es langgeht“, der Bürger braucht nicht kuschen und duckmäusern.

Noch besser wäre es, wenn sich mehr Menschen zur eigenen Interessenvertretung bekennen und selbst die politische Initiative ergreifen, beispielsweise bei den Kommunalwahlen kandidieren. Kritisieren und Verantwortung abschieben kann schließlich jeder. Eigene Vorstellungen umsetzen, sich um Finanzierung und Rechtslage kümmern, kann nur derjenige, der sich engagiert und Mitstreiter sucht. In einer Partei macht das langfristig mehr Sinn, als Einzelinteressen Gehör zu verschaffen. Schließlich wollen Parteien mehr als den Bau einer Umgehungsstraße oder die Verhinderung weiterer Windräder. Parteien wollen die Gesellschaft gestalten und daher in allen gesellschaftlichen Bereichen Einfluss nehmen. Regierungsparteien sind darin sehr erfolgreich, auch wenn Zielkonflikte entstehen. Denn der Ausgleich zwischen mehreren angestrebten Zielen ist Bewährungsprobe und Königsdisziplin der Politik.

Partei ergreifen, also zu einer Meinung stehen, verlangt Rückgrat. Aber es stiftet auch Identität und schafft ein Wir-Gefühl. Man trifft Gleichgesinnte, findet Orientierungshilfen und blickt hinter die Kulissen. Sich für ein ideelles Anliegen zusammentun, im Wettbewerb der Ideen und unter den Augen der Öffentlichkeit zu bestehen, macht die politische Vielfalt lebendiger Demokratie aus. So wird man zum verdienten Bürger, kann sich dort auszeichnen, wo man zuhause ist und alles kennt: In seiner Heimat oder Wahlheimat. Sich dagegen radikalen, populistischen oder autoritären Lösungen zu verschreiben, ist weniger fruchtbar. Denn wo der Austausch fehlt, wo alles egal ist, was „die da oben“ machen, wo die Frontstellung unabänderlich ist, stirbt die Heimat. Macht man sich dabei „schmutzig“? Dass Politik per se „schmutzig“ sei, ist dumm und anmaßend. Demokratische Politik ist nicht schmutziger als das Arbeitsleben im Betrieb und die Vorstandsarbeit im Sport- oder Schützenverein. Weil man aber als „kleiner Mann“ der Umsetzungsverantwortung entbunden ist, entsteht schnell die Vermessenheit, Politik im Allgemeinen und die Parteien im Speziellen als Parteifilz mit faulen Kompromissen und Mauschelei gleichzusetzen, womit man sich nicht beschmutzen will. Sich als Inkarnation der letzten Wahrheit zu verstehen und abzugrenzen, mag in Diktaturen seine Berechtigung haben – doch es wiederspricht dem Geist der Demokratie. Um es mit Max Frisch zu sagen: „Wer sich nicht mit Politik befasst, hat die politische Parteinahme, die er sich sparen wollte, bereits vollzogen.“

Kosanke ist Juso-Landeschef Brandenburgs, Meyer Juso- und SPD-Ortschef in Potsdam

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