Brandenburg: Zieht ein Dorf einen Kreis in die Pleite?
Wegen bankrotter Entwicklungsgesellschaft: Temnitztal droht Zwangsverwaltung / Landrat für Vergleich
Stand:
Wegen bankrotter Entwicklungsgesellschaft: Temnitztal droht Zwangsverwaltung / Landrat für Vergleich Neuruppin/Temnitztal - Der Gemeinde Temnitztal im Kreis Ostprignitz-Ruppin droht wegen Insolvenz die Zwangsverwaltung. Grund ist die Pleite der Entwicklungsgesellschaft Temnitz GmbH, an der die Gemeinde mit zwölf Prozent beteiligt ist. Das Landgericht Neuruppin verurteilte die Gemeinde am Mittwoch zur Zahlung von knapp 1,25 Millionen Euro plus Zinsen an die Gesellschaft, teilte das Gericht mit. Die Gesellschaft sollte den Gewerbepark Temnitz entwickeln, war aber 1998 mit einem Verlust von rund 10,5 Millionen Euro in die Insolvenz gegangen. Im Gesellschaftervertrag war niedergelegt, dass die Gesellschafter entsprechend ihrer Anteile Verluste ausgleichen müssen. Weitere Gesellschafter der GmbH sind vier andere Gemeinden des Amtes Temnitz sowie der Landkreis mit einem Anteil von 40 Prozent. Der Vorsitzende Richter Klaus Lütticke gab der Klage des Insolvenzverwalters statt. Zu der Summe von 1,25 Millionen Euro kommen noch fünf Prozent Zinsen über dem Basissatz seit August 2000, sagte Gerichtssprecher Frank Jüttner. Der Landrat von Ostprignitz-Ruppin, Christian Gilde (SPD), plädiert für einen Vergleich mit dem Insolvenzverwalter. Dies sei von Anfang an „von zwei schlechten Möglichkeiten die beste Lösung gewesen“, sagte Gilde. Die Situation sei nach dem Urteil nicht leichter geworden. Er habe der Gemeinde von der Klage abgeraten, doch die Entscheidungsträger wollten sich nicht beraten lassen. „Mit der Klage wurde den anderen Gesellschaftern ein Bärendienst erwiesen“, meinte Gilde. Sollte der Kreis auch in die Zahlungspflicht genommen werden, wäre dies bei der angespannten Haushaltslage eine „Katastrophe“. Auch der Leiter des Amtes Temnitz, Matthias Wittmoser, hält einen Vergleich für die beste Lösung. Mit dem Insolvenzverwalter werde weiterhin verhandelt. Ziel sei, die Gesellschaft wieder mit ihrem ursprünglichen Zweck zu betrauen. Gläubiger der Gesellschaft seien Handwerksbetriebe, Grundstückeigentümer und die Investitions Bank des Landes Brandenburg. Das Wirtschaftsministerium sei zur Unterstützung des Gewerbeparks bereit, wenn ein konkretes Interesse von Investoren vorliege, sagte eine Ministeriumssprecherin. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Gemeinde Temnitztal mit über 1700 Einwohnern kann binnen eines Monats Berufung beim Oberlandesgericht einlegen. Landrat Gilde sagte, über eine Berufung müsse die Gemeinde allein entscheiden. Der Insolvenzverwalter hatte die Gemeinde Temnitztal als einen der Gesellschafter verklagt, weil diese einen Vergleich abgelehnt hatte, erläuterte Jüttner. Der Richter sagte in der Urteilsbegründung, den Akten zufolge spreche einiges dafür, dass schon bei der Gründung der Gesellschaft eine chronische Unterfinanzierung absehbar gewesen sei. Für die „verhängnisvolle Entwicklung“ sei möglicherweise auch die überdimensionierte Planung in der Nachwende-Euphorie verantwortlich. Anfang Juli war bekannt geworden, dass auch der Stadt Oderberg im Landkreis Barnim die Zwangvollstreckung droht. Die Kommune hat seit zwei Jahren die Kreisumlage nicht gezahlt. Der.Kreis hat beim Innenministerium die Zwangsvollstreckung beantragt.dpa
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: