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Brandenburg: Zu günstig gewohnt

Prenzlaus Bürgermeister nutzt Sozialwohnung, eine bedürftige Familie musste weichen

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Prenzlau - Der Bürgermeister der Stadt Prenzlau Hans-Peter Moser (Die Linke) ist in einen Wohnungsskandal verwickelt. Er hat für sich selbst eine preisgünstige Sozialwohnung von der städtischen Wohnbau GmbH erhalten, obwohl solche Wohnungen nur an Inhaber von Wohnberechtigungsscheinen vergeben werden dürfen. Der Bürgermeister ist gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzender der Wohnungsgesellschaft. Moser zog jetzt eine erste Konsequenz aus der Affäre und kündigte an, er wolle zum 1. Juli aus der strittigen Sozialwohnung ausziehen.

Mosers Bürgermeistergehalt liegt weit über den Bemessungsgrenzen für einen Wohnberechtigungsschein. Zudem weisen Politiker der im Prenzlauer Rathaus opponierenden CDU darauf hin, dass einer Prenzlauer Familie, die bereits einen rechtsgültigen Mietvertrag für diese Wohnung gehabt habe, wieder gekündigt worden sei. „Das stimmt“, sagt Junis Akbaba, der gemeinsam mit Frau und seinem kleinen Sohn die Wohnung gemietet hatte. „Wir hatten einen Mietvertrag, von beiden Seiten unterschrieben. Ich habe eine Kopie davon gemacht und sie behalten. Plötzlich hieß es, die Wohnung sei nicht mehr vermietbar. Eine Begründung wurde trotz Nachfrage nicht gegeben“, berichtete der aus der Türkei stammende Akbaba.

Der Mietvertrag wurde rückgängig gemacht, die Familie musste sich eine andere Wohnung suchen. Als der Vorfall bekannt und Vorwürfe gegen Moser erhoben wurden, erklärte dieser, dass er die Umstände der Wohnungsvergabe nicht gekannt habe. Auch dass es sich um eine Sozialwohnung handelte, für deren Anmietung ein Wohnberechtigungsschein benötigt wird, will der Aufsichtsratsvorsitzende des Wohnungsunternehmens nicht gewusst haben. „Im Nachhinein ist mir jedoch bewusst geworden, dass ich die Wohnraumvergabe genau hätte überprüfen müssen“, räumte Moser ein.

Die Wohnung sei ihm von der Prenzlauer Wohnbau GmbH angeboten worden, davon, dass es einen anderen Interessenten gegeben habe, der sogar schon einen Mietvertrag unterschrieben hatte, habe er nichts gewusst. Er habe jedoch nicht wissentlich Vorteile aus seiner Position gezogen.

Moser kündigte an, beim Landkreis Uckermark Selbstanzeige zu erstatten, um überprüfen zu lassen, ob er gesetzeswidrig gehandelt hat.

Der Geschäftsführer der Wohnbau GmbH, Jörg Schumacher, war am Donnerstag für eine Anfrage nicht zu erreichen. In der regionalen Presse hatte er jedoch erklärt, dass der Wohnungswechsel im gegenseitigen Einvernehmen aller Seiten erfolgt sei. Dem jedoch widerspricht die Familie Akbaba. „Wir haben sogar überlegt, einen Rechtsanwalt gegen die Kündigung des Mietvertrages einzuschalten“, sagte Junis Akbaba.

Inzwischen hat die CDU in der Stadtverordnetenversammlung die Bildung eines Untersuchungsausschusses beantragt. „Wir wollen den Vorgang lückenlos aufklären“, unterstrich Fraktionsvorsitzender Matthias Genschow. „Und sollte sich herausstellen, dass hier wissentlich falsch gehandelt wurde, werden wir den Rücktritt des Bürgermeisters fordern“, kündigte er an.

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