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Brandenburg: Zu viel Hoffnung, zu wenige Fakten

Warum die Chipfabrik in Frankfurt nach Ansicht von Ministerpräsident Platzeck scheitern musste

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Warum die Chipfabrik in Frankfurt nach Ansicht von Ministerpräsident Platzeck scheitern musste Von Michael Mara Potsdam - „Zu viel Hoffnung bei der Geburt des Projekts, zu wenig Sachlichkeit und Nüchternheit bei der Einschätzung seiner Chancen.“ So beschrieb Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gestern den Anteil der Landesregierung am Scheitern der Chipfabrik in Frankfurt (Oder). Als letzter Zeuge räumte er im Untersuchungsausschuss ein, zu denen gehört zu haben, „die große Hoffnung hatten, dass das 1,3-Milliarden-Projekt gelingt“. Zwar seien ihm , als er im Sommer 2002 Regierungschef wurde, kritische Stimmen bekannt gewesen. Trotzdem habe er daran geglaubt, „weil mir die Marktchancen positiv dargestellt wurden“. Er habe das Projekt zum Erfolg führen wollen, andererseits aber auf ein „begrenztes Risiko“ bestanden und deshalb im November 2003 auch den Schlussstrich gezogen. Das Risiko sei ihm damals nicht mehr vertretbar erschienen. Ausschussmitglieder vertraten gestern die Ansicht, dass der Schlussstrich schon „sehr viel früher“ hätte gezogen werden müssen, nämlich im Frühjahr 2002 unter dem damaligen Regierungschef Manfred Stolpe (SPD). Trotz völlig ungesicherter Gesamtfinanzierung hatte das Kabinett damals auf Drängen von Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) eine Landesbeteiligung in Höhe von 38 Millionen Euro beschlossen. Platzeck sagte dazu: Aus heutiger Sicht sei eine der Hauptlehren, „dass zuerst die Finanzierung stehen muss“. Auch Fürniß-Nachfolger Ulrich Junghanns (CDU) bestätigte vor dem Ausschuss, dass er bei Amtsantritt im November 2002 das Projekt in einem kritischen Zustand vorgefunden habe. Doch sei er davon ausgegangen, es noch „auf sichere Füße“ stellen zu können. SPD-Ausschussmitglied Heiko Müller warf Junghanns dagegen „Befangenheit“ vor: Als Frankfurter Stadtverordneter habe er die Weichen für das Projekt mitgestellt. Über die Hauptursachen für das Scheitern der Chipfabrik gehen die Meinungen inner- und außerhalb des Ausschusses auseinander: Platzeck sagte, das Fehlen eines starken industriellen Partners sei für ihn „die zentrale Frage“. Der CDU-Abgeordnete Thomas Lunacek betonte hingegen, dass der Bund mit der Verweigerung der Staatsbürgschaft im November 2003 dem Projekt den Todesstoß versetzt habe. Demgegenüber liegt für den SPD-Abgeordneten Heiko Müller der Kardinalfehler darin, dass „die Politik das leisten wollte, was das Unternehmen hätte leisten müssen.“ Sie könne aber „kein Projekt retten, das wirtschaftlich nicht funktioniert“. Mit dem Ausscheiden des ersten Vorstandschefs Klaus Wiemer im Frühjahr 2002 sei klar gewesen, „dass das Projekt keine Chance mehr hat“. Auch die PDS-Politikerin Kerstin Osten meinte, dass die Chipfabrik „in hohem Maße an der Vermischung von Wirtschaft und Politik gescheitert ist“. Unterdessen rügte der Hauptinvestor Dubai mit einem Schreiben vom 5. Juli erneut die Landesregierung: Sowohl die Wirtschaftsminister Fürniß und Junghanns wie auch Ministerpräsident Platzeck selbst hätten zugesichert, dass die staatlichen Bürgschaften gewährt würden, wenn das Eigenkapital gesichert sei. Dieses Versprechen ist aus Sicht Dubais jedoch nicht gehalten worden. Bisher hat das Emirat keine Schadensersatzansprüche angemeldet. Der Abschlussbericht des Ausschusses liegt Mitte August vor.

Michael Mara

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