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Brandenburg: Zuversichtlich, interessiert, wegzugbereit Studie: Hälfte der Jugendlichen will weg

Potsdam - Für Brandenburgs, meist politikverdrossene Jugend kommt die Arbeit erstmals vor dem Vergnügen. Doch für knapp die Hälfte der zwölf- bis 20-jährigen Märker steht gleichzeitig fest, dass sie ihr Glück offensichtlich nicht in ihrer Heimat finden – sie wollen weg.

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Potsdam - Für Brandenburgs, meist politikverdrossene Jugend kommt die Arbeit erstmals vor dem Vergnügen. Doch für knapp die Hälfte der zwölf- bis 20-jährigen Märker steht gleichzeitig fest, dass sie ihr Glück offensichtlich nicht in ihrer Heimat finden – sie wollen weg. Das sind die wesentlichen Ergebnisse der neuen Jugendstudie für das Land Brandenburg, für die die Universität Potsdam mehr als 3300 Jugendliche in Brandenburg befragt hat. Zugleich ergab die Studie, dass die Jugendlichen zunehmend unter finanziellen Sorgen im Elternhaus leiden.

Studienleiter Professor Dietmar Sturzbecher, der die Studie am Dienstagabend in Potsdam vorstellte, sagte, mit 69,3 Prozent hätten erstmals seit 1991 mehr Jugendliche der Arbeit einen höheren Stellenwert eingeräumt als dem puren Lebensgenuss (59,2 Prozent). Zugleich werde es immer wichtiger für sie, „für andere da zu sein“. Sturzbecher zog grundsätzlich eine positiver Bilanz aus der Studie, da die Jugend grundsätzlich zuversichtlicher geworden sei: 59,6 Prozent gaben an, ihre berufliche Zukunft eher optimistisch zu sehen.

Allerdings sehen 47 Prozent der jungen Märker ihre Zukunft fern der Heimatorte. Ganz oben auf der Abwanderungsliste stehen die westlichen Bundesländer. Zunehmend denken die Jugendlichen aber auch an Abwanderung ins Ausland, heißt es in der „Brandenburgischen Jugendstudie“.

Nicht nur ökonomische Gründe sind es, die die Jugendlichen an Abwanderung denken lassen. Hinzu kämen noch mangelnde soziale Netzwerke und – vor allem in den Randregionen – zu wenige attraktive Freizeitangebote sowie die nachlassende Verbundenheit mit dem Heimatort. Sturzbecher rät Kommunen in strukturschwachen Regionen daher dringend, Freizeitangebote zu verbessern und die Heimatverbundenheit der Jugendlichen gezielt zu fördern. Denn aus Brandenburg – wo für die nächsten zehn bis 15 Jahre in Fachkräftemangel prognostiziert wird – wandern besonders die gut Ausgebildeten ab.

Die Studie konstatiert auch, dass Brandenburgs Jugend immer mehr unter wirtschaftlichen Problemen im Elternhaus leidet. So verdoppelte sich seit 1991 die Zahl derer, die angaben, dadurch „sehr stark belastet“ zu sein: 1991 sagten dies nur 8,2, im Jahr 2005 schon 15,8 Prozent. Gleichzeitig sank die Zahl derer, die sich „nicht belastet“ fühlen von 18,2 auf 11,4 Prozent.

Zwiespältig fällt die Studie aus, wenn es um Politik geht. Auf der einen Seite beurteilen sich die Jugendlichen als politisch interessierter (2005: 40,1 Prozent; 1999: 36,6 Prozent) und kompetenter (1999: 25,7 Prozent; 2005: 35,5 Prozent). Auf der anderen ist die Politikverdrossenheit bei Brandenburgs Jugend besonders hoch – 49 Prozent berichten von einer „hohen“ Verdrossenheit, 40 Prozent von einer „eher hohen“. Die Jugend der Mark scheint diesen Widerspruch dialektisch zu lösen: Laut Studie versteht die Jugend zwar mehr von Politik, aber mit dem wachsenden Begreifen, steige keinesfalls die Bereitschaft, sich an politischen Prozessen und Aktionen zu beteiligen. Peter Tiede

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