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Endlagersuche: Zwei gegen CO2
Kampf gegen CO2-Endlager bei Beeskow: Die Brüder Christoph und Tobias Haase sehen ihre Heimat in Not
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Beeskow - Christoph und Tobias Haase leben gern auf dem Land und wollen hier auch nicht weg. Zu Hause sind die beiden Brüder in Groß Rietz, einem Dorf nahe Beeskow. „Wir sind zwar parteilos, aber engagiert“, sagt der 20-jährige Christoph. Dazu hätten sie auch allen Grund, fügt der drei Jahre jüngere Tobias hinzu. Durch die Pläne des Energiekonzerns Vattenfall, das in Kraftwerken abgeschiedene Kohlendioxid unter der Erde zu verpressen, sehen die beiden ihre Heimat bedroht.
Seit Sommer 2010 engagieren sich die Brüder in der Beeskower Bürgerinitiative „CO2-Endlager stoppen“. „Wir wollten nicht nur meckern, sondern aktiv was tun“, sagt Tobias. Zunächst hätten sie sich bei dem alle zwei Wochen stattfindenden Stammtisch der Initiative genauer informiert, dann mobile Infostände betreut, ergänzt Christoph. Erste Bewährungsprobe war seinen Angaben zufolge eine Protestaktion in Beeskow im Herbst. Christoph, der auf Lehramt studieren möchte, hielt auf der Demonstration eine Rede.
„Mich macht persönlich sauer, dass wir von der Politik so abgeschrieben und allein gelassen werden“, sagt der 20-Jährige. Ihm geht die Zustimmung der Brandenburger Landesregierung zu den Vattenfall-Plänen gegen den Strich. Er habe immer gehofft, dass sich seine Heimat zu einem aufstrebenden Wirtschaftsstandort und nicht zu einer Mülldeponie entwickeln würde, zeigt sich Christoph enttäuscht. Doch die beiden haben längst nicht resigniert. Zu erleben, wie die Zahl der Gegner wachse, „ist doch cool“, sagt Gymnasiast Tobias.
Über die Leidenschaft, mit der die Brüder über das Thema aufklären, freut sich Ute Lein von der Initiative „CO2-Endlager stoppen“. „Als die Vattenfall-Pläne vor zwei Jahren bekanntwurden, haben wir mit unserem Protest ganz klein angefangen. Wir brauchen Mitstreiter wie Christoph und Tobias, die vor allem junge Leute mit ihrem Elan mitreißen“, berichtet die Beeskowerin und verweist auf den Protestmarsch Ende Februar. „Da waren wir 2500 Leute“, sagt sie.
„Die Aufmerksamkeit wächst. Spätestens, wenn wir über die drohende Versalzung des Grundwassers reden, horcht auch der Letzte auf“, sagt Lein. Das Kohlendioxid soll den Plänen zufolge in Salzwasser führende, poröse Gesteinsschichten gepresst werden. Das salzige Solewasser werde verdrängt und könne sich mit dem Grundwasser vermischen, befürchten Anwohner. Derzeit grübeln die Brüder über Ideen für spektakuläre Aktionen, mit denen noch mehr Menschen zum Protest mobilisiert werden können.
Klar ist beiden, dass sie enger mit den Bürgerinitiativen in Müllrose und Neutrebbin kooperieren müssen. „Man muss den Schuh ja nicht unbedingt neu erfinden, um sich Gehör zu verschaffen“, sagt Christoph und verweist darauf, dass im Oderbruch vor dem Hintergrund des Protests im Sommer 2010 ein Musikfestival organisiert worden war.
Die Aktion soll im Juli dieses Jahres wiederholt werden, mit „richtig guten Bands“, wie Tobias sagt. In Abstimmung mit den Neutrebbinern, der Beeskower Stadtverwaltung und der Kirche bereiten die Beeskower eine Fahrradsternfahrt für das späte Frühjahr vor.
Mit gemischten Gefühlen verfolgen Christoph und Tobias die Entwicklungen nach der Reaktorkatastrophe in Japan. „Es ist gut, dass die Atomkraftgegner jetzt verstärkt Zulauf haben“, sagt Christoph. Dass dadurch offenbar die Braunkohle wieder mehr Befürworter findet, löst bei ihm allerdings Kopfschütteln aus.
„Die Kohlevorkommen sind endlich. Wir sollten stattdessen in erneuerbare Energien investieren, noch effektivere Windkrafträder bauen“, sagt Tobias. „Wenn ich einen Baum fälle, muss ich in Verantwortung für den nachfolgenden Generationen wieder einen neuen pflanzen“, resümiert sein Bruder Christoph, der derzeit ein freiwilliges ökologisches Jahr bei der August-Bier-Stiftung absolviert. Gerade erst hat er 40 Korbweiden gepflanzt – als CO2-Speicherwald.
Bernd Kluge
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