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Tatort Kulturbrauerei. Die Polizei hatte die Umgebung des Soda-Clubs weiträumig abgesperrt. Das traditionelle Kinderfest „Der Berg ruft“ wurde „aus Pietät“ abgesagt.

©  Thomas Schröder

Brandenburg: Zwei Kugeln trafen

In der Kulturbrauerei wurde am Sonntagmorgen ein Türsteher erschossen

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Berlin - Drinnen gab es Tumult, draußen fielen Schüsse. Vor der Diskothek Soda-Club in Prenzlauer Berg ist am Sonntagmorgen der bei Gästen beliebte Türsteher Sebastian K., genannt „Locke“, erschossen worden. Der oder die Täter flüchteten unerkannt. Vier Schüsse wurden um 5.27 Uhr in der Kulturbrauerei abgefeuert, zwei sollen den 39-Jährigen getroffen haben. Einem Notarzt gelang es, ihn zu reanimieren, doch gegen 7 Uhr wurde im Bundeswehrkrankenhaus sein Tod festgestellt.

Das Polizeipräsidium dementierte am Sonntag Gerüchte, dass es sich um eine Tat im Rockermilieu gehandelt hat. Die Ermittler suchen dringend Zeugen, denen im oder vor dem Klub etwas Verdächtiges aufgefallen ist. Zunächst wurden Videoaufnahmen des Klubs gesichert.

Im Soda Club stand wie jeden Sonnabend „High Fidelity, Partyhouse und Urban Dance mit DJ Maxsta & DJ Pumi“ auf dem Programm. Frauen hatten bis 1 Uhr freien Eintritt, Jugendliche durften nicht hinein. Zur Tatzeit war immer noch viel los. Woran sich der Tumult später im Klub entzündete, ist unklar. Mehrere Kollegen von Locke, die vor der Tür standen, gingen hinein, um zu schlichten. Sebastian K. blieb alleine vor der Tür – da fielen schon die Schüsse. Bislang haben sich keine Zeugen gemeldet, die einen Täter flüchten sahen. Es ist auch offen, ob der Tumult im Klub und die Schüsse draußen überhaupt im Zusammenhang stehen.

„Wir sind betroffen, schockiert und fassungslos, denn wir haben heute einen langjährigen Mitarbeiter und Freund verloren“, schrieb der Soda Club am Sonntagvormittag auf seiner Internetseite. „Locke, wir werden dich vermissen!“, heißt es weiter. Dutzende Diskobesucher teilten auf Facebook ihr Mitgefühl, viele müssen den Türsteher gekannt haben. „Locke war der coolste und entspannteste. Mit ihm konnte man immer reden“, schrieb ein Nutzer, eine Frau: „Ich werde dich und deine so herzlichen Umarmungen vermissen.“

Die Kulturbrauerei sagte am Vormittag alle Veranstaltungen für den Sonntag ab. Dies betraf zunächst das traditionelle Kinderfest „Der Berg ruft“, das zum siebten Mal auf dem Gelände stattfinden sollte – ein Pflichttermin, nicht nur für Eltern aus Prenzlauer Berg. Als am frühen Morgen mit dem Aufbau begonnen werden sollte, war das Grundstück von der Polizei komplett gesperrt, berichtete ein Mitarbeiter. Als kurz darauf bekannt wurde, dass das Opfer verstorben war, habe man aus Pietät das Fest ersatzlos abgesagt. Die kleineren Kinder brachen teilweise in Tränen aus, wie ein Vierjähriger, der mit seinem Vater vor dem geschlossenen Tor stand. „Kinderfest fällt leider aus“, stand handgeschrieben auf einem Zettel. Andere Eltern disponierten schnell um und steuerten Spielplätze in der Nähe an.

In den vergangenen Jahren waren mehrere Türsteher von Berliner Diskotheken getötet oder verletzt worden. Denn viele von ihnen gehören Rockerklubs oder arabischen Großfamilien an, die den Drogenhandel in diesen Lokalen organisieren. Bei „Locke“ gibt es diesen Verdacht nicht. Jörg Hasselmann

Jörg Hasselmann

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