Brandenburg: Zwei Parteien, zwei Wege, ein Ziel
Brandenburgs SPD präsentiert ihr Programm für den Landtagswahlkampf, die märkische CDU war mit sich in Klausur
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Potsdam/Caputh - Die wichtigsten Kriterien für ein Wahlkampfprogramm, da ist sich die Spitze der märkischen SPD sicher, hat sie mit ihrem am Dienstag präsentierten Entwurf ihres Landtagswahlprogramms erfüllt: „durchaus lesbar“, mit 26 Seiten auch „nicht zu lang“ und außerdem habe man „nicht so viele Fremdwörter“ benutzt, sagte der Chef der Landtagsfraktion und Chef der Programmfindungskommission, Günter Baaske, am Dienstag in Potsdam leicht ironisch bei der Vorstellung des Papiers.
Aber auch programmatisch sehen sich die Sozialdemokraten – wenig überraschend – auf dem richtigen Weg mit ihrem Regierungspapier, das am Montagabend vom Landesvorstand einstimmig angenommen wurde und das am 20 Juni von einem Landesparteitag beschlossen werden soll. Kernaussage sei, so Baaske, dass „wir stolz auf das bisher erreichte, aber noch nicht zufrieden sind“. Es sei ein „Programm des sozialen Aufstiegs“.
In der neuen Legislaturperiode sollten unter anderem das Personal in Kitas und Schulen aufgestockt sowie ein Schüler-BAföG eingeführt werden. Zudem werde es mit der SPD auch weiterhin keine Studiengebühren geben. Das Wahlprogramm stehe dafür, jungen Menschen Perspektiven und Entwicklungschancen zu eröffnen. Offizieller Titel des Programmentwurfs: „Brandenburg im neuen Jahrzehnt: Kraftvoll, Sozial, Gerecht.“ Pro Jahr, so der SPD-Plan sollten etwa 25 Millionen Euro zusätzlich ausgegeben werden, um die Qualität der Kitas zu erhöhen.
Ansonsten kommt die SPD auch in ihrem Wahlprogramm nicht an ihrem Finanzminister Rainer Speer vorbei: Der Haushalt müsse konsolidiert werden, bis 2014 solle die Neuverschuldung nicht über das Niveau des aktuellen Haushaltsjahres steigen – wobei Baaske und SPD-Generalsekretär Klaus Ness einräumten, dass noch unklar ist, wie viele neue Schulden es angesichts der Krise in diesem Jahr werden. Insgesamt verspricht die SPD eine Fortsetzung der Haushaltspolitik, die zwar nach Baaske weiter „schmerzliche Einschnitte“ im öffentlichen Dienst bringen wird. Insgesamt sei keine Neuorientierung nötig.
Ness nutzte die Vorlage des Regierungsprogramms gestern, um sich abzugrenzen. Die anderen politischen Konkurrenten, vor allem die bei Umfragen regelmäßig als zweitstärkste politische Kraft gehandelte Linke, kommen in dieser SPD-Sicht der Dinge kaum vor. Ness attestierte insbesondere der CDU-Fraktionschefin Saskia Funck, Gefahr zu laufen, besonders bei ihrer Ablehnung eines Mindestlohns „die Stimmung im Land fast vollständig falsch einzuschätzen“. Er empfahl ihr, zur Kenntnis zu nehmen, „dass es noch mehr gibt im Land als die Stammtische von Mittelständlern“. Das geplante Schüler-Bafög und ein Vergabegesetz, das wenigstens für die öffentlichen Aufträge einen Mindestlohn vorschreibt, sind wesentliche Elemente eines SPD-Profils, das sich vor allem als Kontrast zum derzeitigen Koalitionspartner CDU begreift. Die Botschaft: Die CDU ist nicht sozial, die SPD dagegen schon. Ansonsten setzen die Sozialdemokraten vor allem auf die Fortsetzung der bisherigen, aus ihrer Sicht erfolgreichen Politik.
Wenige Kilometer entfernt vom Potsdamer Brauhausberg, auf dem die SPD ihr Papier vorgestellt hatte, wurde die Welt naturgemäß etwas anders interpretiert: In Caputh war die CDU-Fraktion in Klausur, um ihre Wahlkampfstrategie zu diskutieren. CDU-Landeschefin Johanna Wanka reagierte demonstrativ beschwichtigend auf die Äußerungen der SPD-Spitze: „Wir werden nicht aufeinander einschlagen“, sagte sie. Sie hoffe, „dass wir auch in Wahlkampfzeiten vernünftig miteinander umgehen“. Kein Wunder, braucht die CDU, traditionell in Brandenburg nach SPD und Linker nur drittstärkste Kraft, doch die SPD zum Regieren. Die SPD kann sich dagegen auch die Linke wählen. Das wird auch der Spagat der CDU bis zur Landtagswahl am 27. September: Eigenes Profil zeigen, aber die SPD nicht so vergraulen, dass sie nicht mehr mit den Konservativen regieren will.
Die CDU will die Unsicherheit, die aus ihrer Sicht auch in der Bevölkerung wegen der Wirtschaftskrise verbreitete ist, zu einem Element ihrer Wahlkampfstrategie machen. Sie will sich vor allem als Ansprechpartner für die Bürger präsentieren – eine Kümmer- und Anlehn-CDU, die aber auch zupacken kann. So werde man besonders beim Etat nicht ohne weitere Einschnitte zurechtkommen. Funck: „Wir werden mit den alten Konzepten nicht klarkommen.“ Es sei unrealistisch zu meinen, dass Brandenburg 2010/11 keine neuen Schulden aufnehmen müsse.
Wie die SPD ist auch die CDU fest davon überzeugt, auf dem rechten Weg zur Wählbarkeit zu sein. Und um dabei auch ganz sicher zu gehen, hat die Union eine Umfrage in Auftrag gegeben. Und die, so berichtete Parteichefin Wanka in Caputh, habe – wenig überraschend – den Kurs der CDU bestätigt: Für die Bürger stünden die Lage auf dem Arbeitsmarkt, die Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik sowie die Sozialpolitik mit Renten und Gesundheit ganz oben auf der Liste der wichtigen Themen. Genau wie für die CDU. Zudem sei eine Mehrheit der Befragten im Bildungsbereich auch eher daran interessiert, den Unterrichtsausfall zu reduzieren als das von der SPD favorisierte Schüler-Bafög einzuführen. Genau wie die CDU. An Tugenden fänden die Bürger vor allem Gerechtigkeit, Freiheit und Gleichheit für das Zusammenleben wichtig. Die CDU auch. Nur: Leistungsbereitschaft, eine Kerntugend der CDU, steht laut Umfrage unter den abgefragten Tugenden beim Mehrheitsmärker ganz hinten. Die CDU will nun stärker für Leistungsbereitschaft werben.
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