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Brandenburg: Zweifelhafter Dienst

Schönbohm gerät unter Druck: Er soll Ex-Minister Fürniß vor einer Anzeige gegen ihn gewarnt haben

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Schönbohm gerät unter Druck: Er soll Ex-Minister Fürniß vor einer Anzeige gegen ihn gewarnt haben Von Michael Mara Potsdam – Stürzt die Landesregierung in eine neue Krise? Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) sieht sich dem Vorwurf des Geheimnisverrats ausgesetzt. Er soll seinen Parteifreund und Ex-Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß „zeitnah“ über eine Anzeige informiert haben, die im September 2002 beim Landeskriminalamt (LKA) gegen ihn wegen Verdachts der Geldwäsche und Korruption erstattet wurde. Das wurde aus dem Untersuchungsausschuss zur Chipfabrik-Pleite bekannt. Schönbohm bestätigt den Vorgang, bestreitet jedoch Geheimnisverrat. „Da sind sich die Juristen einig“. LKA-Chef Axel Lüdders habe ihn nach der Anzeige gebeten, mit Fürniß zu reden, damit dieser zur Aufklärung eng mit dem LKA zusammenarbeite. Schönbohm sagte, er habe mit Fürniß gesprochen und betont, dass nach Recht und Gesetz verfahren werde. Trotzdem will die Generalstaatsanwaltschaft prüfen, ob Anhaltspunkte für Geheimnisverrat vorliegen, wie Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg bestätigte. Abgeordnete bewerten Schönbohms Vorgehen „zumindest als unkorrekt“. Die Anzeige hatte die Mittelbrandenburgischen Sparkasse aufgrund des Geldwäschegesetzes am 11. September 2002 erstattet, nachdem auf dem Privatkonto von Fürniß im Februar 2002 eine Million Dollar und im September 2002 eine weitere halbe Million von einem Scheich der Vereinigten Emirate eingegangen waren. Bei den Ermittlungen konnte nicht geklärt werden, ob ein Zusammenhang zu der in Frankfurt (Oder) geplanten Chipfabrik bestand, an der das Emirat Dubai beteiligt war. Fürniß, der über den Millionen–Transfers stürzte, behauptete, dass es sich um einen mündlich vereinbarten Privatkredit zur Bezahlung von Steuerschulden handelte. Dass der Minister so schnell über die Anzeige gegen ihn informiert worden war, hatte damals Staatsanwälte und Sparkasse verärgert. Bei ihr erkundigte sich Fürniß bereits am 12. September, also nur einen Tag nach Eingang der Anzeige beim LKA, nach den Gründen. Am 13. September ließ er 500 000 Euro zurücküberweisen. Die Sparkasse beschwerte sich beim LKA, dass der Vorgang Fürniß so schnell bekannt gemacht worden sei. Pikant daran ist, dass die Staatsanwaltschaft erst am 18. September, also sechs Tage später, von der Anzeige erfuhr. Sie ging dem möglichen Geheimnisverrat aber nicht nach, weil das Innen- und Justizministerium (beide CDU-geführt) keine Strafverfolgungsermächtigung erließen. Eine solche wurde hingegen wegen Geheimnisverrats in Zusammenhang mit Enthüllungen des Magazins „Spiegel“ über die Fürniß-Affäre erlassen. Schönbohm verdächtigte damals die Staatsanwaltschaft als Quelle des „Spiegel“. Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg bestätigte, dass ihm bisher nicht bekannt gewesen sei, dass Schönbohm Fürniß unmittelbar nach der Anzeige informiert habe. Unabhängig davon wird die Staatsanwaltschaft jetzt auch prüfen, ob gegen Fürniß erneut Ermittlungen wegen Verdachts der Geldwäsche und Korruption aufgenommen werden. Anlass ist die Erklärung von Ex-Ministerpräsident Manfred Stolpe (SPD) vor dem Untersuchungsausschuss, dass er manipulierte Informationen durch seinen früheren Minister „aufgrund persönlicher Befangenheit“ nicht ausschließen könne. Fürniß soll kommende Woche vor dem Untersuchungsausschuss aussagen.

Michael Mara

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