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Plädoyers und Zukunftswünsche zur Eröffnung des 37. Internationalen Studentenfilmfestivals „Sehsüchte“
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Alles wäre wie immer gewesen. Der übliche Applaus, das Lob, die Schmeicheleien zur Eröffnung des 37. Internationalen Studentenfilmfestivals „Sehsüchte“ am Mittwochabend. Doch dann trat Victor Okhai auf die Bühne im großen Saal der Thalia Kinos in Babelsberg.
Okhai ist Leiter der International Film and Broadcast Academy in Lagos, der größten Stadt in Nigeria. Nach Potsdam ist er gekommen, weil im Fokus des diesjährigen Festivals Afrika steht. Am heutigen Freitag sollen sechs Filme aus Nigeria, Uganda, Südafrika und Ägypten gezeigt werden, sind Gespräche und Diskussionen mit afrikanischen Filmemachern und Victor Okhai geplant.
Es waren weniger Okhais Ausführungen über die boomende Filmindustrie in seiner Heimat, die Nigeria in Anlehnung an Hollywood den Titel Nollywood eingebracht hat und wo pro Jahr 2000 Filme entstehen. Es waren Okhais Worte über die Möglichkeiten des digitalen Filmemachens, die den gewohnten Rahmen solcher offiziellen Eröffnungsveranstaltungen sprengten – sein so einfaches und vielleicht gerade deshalb so überzeugendes Plädoyer. Okhai sprach über die Schwierigkeiten, die viele Studenten in Nigeria haben, wenn sie ihre Ideen in Filme umsetzen wollen. Oft würde es an dem Geld für die nötige Technik mangeln. Doch mittlerweile sei es durch die Digitalisierung möglich, mit einfachen Mitteln eigene Filme zu produzieren. Eine Digitalkamera und ein Computer, schon gibt es keine Entschuldigung mehr, ob in Nigeria oder in Europa, weiterhin nur mit einer Filmidee schwanger zu gehen und sie vielleicht nie umzusetzen. „Nimm die Kamera und mach deinen Film. Vielleicht wirst du dann der nächste Spielberg“, sagte Okhai.
Es gab weitere Plädoyers an diesem Abend. So forderte Dieter Wiedemann, Präsident der Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ (HFF), den Titel Filmuniversität, den seine Hochschule doch längst verdient habe. „Auch wenn wir keine Exzellenzuniversität sind, unsere Ausbildung ist schon jetzt exzellent“, so Wiedemann. Um die Qualität der Hochschule auch international deutlicher zu machen, sei es wichtig, das nötige Selbstbewusstsein auch im Titel tragen zu können.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), begrüßt als Freund der Hochschule, unterstützte Wiedemanns Forderung. Doch betonte er, dass der Titel Filmuniversität nur im Zusammenhang mit dem bekannten Namen Konrad Wolf vergeben werden kann. Auch Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) sprach sich in seinem Grußwort für den neuen Titel aus. „Wenn es eine Entscheidung der Stadt wäre, hätte die Hochschule diesen Titel“, so Jann Jakobs.
Das Festival mit seinen knapp 140 Beiträgen aus 30 Ländern hatte gerade erst begonnen, da folgten weitere Wünschen für die Zukunft. Vielleicht schon im kommenden Jahr könne das Festival in der neuen Metropolishalle auf dem Gelände des Filmparks, in direkter Nachbarschaft zur HFF, stattfinden, so Wiedemann. Bei dem Gedanken an die 4000 Gäste, die in der Metropolishalle Platz finden sollen, schüttelte mancher im gut besuchten Saal nur ungläubig den Kopf.
Auch Jann Jakobs blickte in die Zukunft und versprach eine Kindertagesstätte in der Nähe der Hochschule und Bemühungen, die „Infrastruktur“ am Standort zu verbessern. „Denn die ,sehsüchte“ sind mittlerweile zum Qualitätsmerkmal geworden“, so Jakobs. Als die Berliner Band Vember mit dem Lied „Schätze der Welt“ den offiziellen Festivalsong vorgestellt hatte, baten die beiden Moderatoren Marleen Lohse und Florens Schmidt, Schauspielstudenten der HFF, endlich diejenigen auf die Bühne, die das größte Studentenfilmfestival in Europa in diesem Jahr organisieren.
Es war ein kurzer Auftritt der fünf Studenten, die das Organisationsteam des Festivals leiten. Aber lang genug, um einem bewusst zu machen, dass dieses professionelle Festival allein von den Studenten der HFF auf die Beine gestellt wird. Seit Anfang des Jahres hatte eine Programmgruppe die knapp 1000 Einsendungen gesichtet und die Filme für die „sehsüchte“ ausgesucht. Die Studenten haben Diskussionsrunden organisiert, Sponsoren gesucht und den Etat für das Preisgeld für insgesamt 15 Auszeichnungen noch einmal um 2000 Euro auf 55 700 Euro aufgestockt. Die höchste Summe, die es bisher gab. Das alles scheint mittlerweile so selbstverständlich, dass man zu schnell vergisst, dass hier keine Profis am Werk sind.
Dann aber herrschte Dunkelheit im Saal, das kurze Flackern auf der Leinwand und endlich das, worum es in diesem Festival bis zum Sonntag geht: Filme, Filme und noch mehr Filme.
Dirk Becker
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