Landeshauptstadt: „ Gehen Sie davon aus, dass ich kein Hasardeur bin“
Dieter Graalfs, Eigentümer der Villa Schöningen, über seine Positionen im Streit um eine Bebauung des Weltkulturerbe-Areals
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Dieter Graalfs, Eigentümer der Villa Schöningen, über seine Positionen im Streit um eine Bebauung des Weltkulturerbe-Areals Herr Graalfs, wenn man über die Glienicker Brücke nach Potsdam hinein fährt, sieht man zur rechten Seite als erstes die Villa Schöningen. Sie sieht, zumindest äußerlich, verfallen aus. Warum ist dort nichts geschehen, seit Sie die Villa 1995 gekauft haben? Es hat von den Verkäufern die Forderung gegeben, dass nur beide Grundstücke – das der Villa und das unmittelbar daneben liegende Baugrundstück – zusammen gekauft werden konnten. Ich habe damals Ja gesagt zum Kauf dieser Grundstücke, weil ich durch die Bebaubarkeit eine Möglichkeit einer Querfinanzierung für die Instandsetzung der Villa gesehen habe. Bevor ich das Grundstück beziehungsweise das Haus kaufte, habe ich festgestellt, wie es mit einer Bebaubarkeit ist. Damals wie heute war die Bebaubarkeit nach Paragraf 34 Baugesetzbuch gegeben. Und ich ging eigentlich davon aus, mit der Bebauung beginnen zu können, um durch den Verkauf von Eigentumswohnungen zu Mitteln zu kommen, die ich dann in die Sanierung der Villa stecken wollte. Daraus ergibt sich schon die Antwort: Seit elfeinhalb Jahren – ein damals geborenes Kind ist heute schon in der fünften Klasse – wird an dem Bebauungsplan für die Nördliche Berliner Vorstadt gearbeitet. Ich habe bis heute stillgehalten, darauf vertrauend, dass dieser Bebauungsplan irgendwann einmal ausgelegt und festgelegt wird und ich dann die Möglichkeit habe, aus den Erträgen der Bebauung heraus die Villa instand zu setzen. Das ist der Grund, warum die Villa heute noch so aussieht wie sie aussieht: Weil die Stadt bis heute die Bebaubarkeit in der von ihr gewünschten Form nicht festgelegt hat. Grundsätzlich haben Sie aber jetzt schon Baurecht, und Sie könnten auch ohne Bebauungsplan anfangen zu bauen? Das könnte ich, und zwar seit 1995, seitdem ich diese Grundstücke und das Haus gekauft habe. Dieses Baurecht besteht nach wie vor und beinhaltet eine Bebauung an der Schwanenallee und eine Bebauung an der Berliner Straße. Es war die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, es waren die Denkmalpflege und die Stadtplanung, die mich baten, die Modifizierung der Bebaubarkeit anzunehmen. Wir stellten 1996 anhand eines Eins-zu-Eins-Modells vor Ort in Form von den Kantenverlauf nachvollziehenden Gerüststangen fest, dass eine Bebauung an der Schwanenallee der Freiheit, der besonderen Darstellung der Villa Schöningen nicht gerecht wurde, und dass nur eine Verschiebung der Baukörper von der Schwanenallee weg den Vorstellungen der betreffenden Stiftung beziehungsweise der Denkmalpflege und der Stadtplanung entsprach. Dadurch wurde und sollte der Bebauungsplan präzisiert werden, was eigentlich bis heute der Fall ist: In Form eines Baufensters soll die Überbaubarkeit dargestellt werden, und dem habe ich zugestimmt. Wenn ich heute höre, dass jemand überhaupt noch die Frage des Ob dort gebaut werden darf diskutiert, dann passiert dies wahrscheinlich nur in Unkenntnis der juristischen Einklagbarkeit meines Bauanspruchs. Aus Ihren Worten ist zu schließen, dass die Diskussion, die es jetzt um die Bebauung mit fünf Kavaliershäusern gibt, für Sie relativ unerklärlich sein müsste. Das ist total unverständlich, da nicht ich den Wunsch einer Modifizierung der Bebaubarkeit geäußert habe, sondern die Gremien Brandenburgs und der Stadt Potsdam. Das heißt das, was heute mit den Kavaliershäusern geplant ist, entspricht der Vorstellung, die im Jahre 1996 anlässlich der Begehung von allen Beteiligten festgelegt wurde. Und ich muss es erwähnen: Einer der Beteiligten damals war Professor Seiler von der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten. Wenn er heute meint, das vergessen zu müssen, bin ich schon betroffen. Denn ich meinte, dass die damalige Vereinbarung bis zum heutigen Tage steht und dass man die Stadt Potsdam auch daran messen kann. Es gibt offenbar sowohl unter den Stadtverordneten, die über die Auslegung des Bebauungsplans entscheiden müssen, als auch unter den Gegnern der Bebauung Zweifel, dass Sie sich tatsächlich dazu verpflichten, mit einer Bebauung des Grundstücks über eine Quersubventionierung die Villa zu sanieren. Als der Wunsch nach einem städtebaulichen Vertrag zur Sanierung der Villa an mich herangetragen wurde, – der natürlich eine Abhängigkeit zum Bebauungsplan für die Baugrundstücke beinhaltet, – war es für mich überhaupt kein Problem, diesem städtebaulichen Vertrag sofort zuzustimmen. Das alleine zeigt, dass ich gewillt bin, die Villa zu sanieren. Nun fragen sich viele, wie sicher dieser städtebauliche Vertrag zwischen Ihnen und der Stadt Potsdam ist. Gehen Sie bitte davon aus, dass ich kein Hasardeur bin. Ich will einen Vertrag unterschreiben, der Verpflichtungen beinhaltet, die natürlich nur mit Geld zu erfüllen sind. Aber wenn ich einen solchen Vertrag unterschreibe, gehen Sie bitte davon aus, dass ich ihn erfüllen kann und werde. Größter Gegner der Bebauung des Grundstücks ist der Verein Berliner Vorstadt e.V.. Ist Ihnen bekannt, warum der Verein sich gegen dieses Projekt ausspricht? Mir ist das nicht bekannt. Ich bin nur jedes Mal verwundert, welchen Einfluss dieser Verein scheinbar auf Politiker und Verwaltung hat. Er muss ja eine Motivation haben, die er selbst gar nicht mitteilt, denn nur dagegen zu sein reicht ja nicht. Er begründet nicht, warum er dagegen ist. Er ist einfach dagegen. Und das ist etwas, was ich immer schon bedauert habe. Aber ich finde es erstaunlich, wie sich dieser Verein zumindest im Bereich Berliner Vorstadt wie ein Staat im Staate bewegt. Ich weiß auch nicht, welches Ziel die Herren, es sind ja vor allem zwei, mit ihrer starken Intervention letzten Endes verfolgen. Und ich hoffe nach wie vor, dass sich die Stadtverordneten von dieser versuchten Einflussnahme frei halten können – das gilt natürlich auch für den Bauausschuss und für die Verwaltung. Die Kritiker des Projekts sagen, es gebe eine andere Lösung zur Sanierung der Villa, als das Grundstück daneben zu bebauen. Sie meinen, man müsse dort das Baurecht streichen, dann würde ein Käufer gefunden, der die Villa kauft und saniert, weil der Kauf dann günstiger wäre. Wie soll das gehen? Baurecht, das vorhanden ist, wegzunehmen heißt Enteignung. Anders kann ich es mir nicht vorstellen, es sei denn, ich verzichte freiwillig auf das Baurecht – was ich nicht tun werde. Enteignung aber ist glaube ich ein Wort, das auch in Potsdam ungern gehört wird. Und ich glaube auch nicht, dass man damit die Probleme löst. Ich meine ganz einfach, dass man zu dem stehen soll, was seit zehn Jahren in der Diskussion immer Bestand hatte: Nämlich die Bebauung in Form eines Baufensters. Ich muss sagen, dass mich die Tatsache besonders irritiert, dass sich gewisse Vorstandsmitglieder des Vereins Berliner Vorstadt unglaublich auf die Sache konzentriert haben – wahrscheinlich, um von anderen Themen abzulenken. Ich kenne die Herren nicht, muss ich dazu sagen, sie haben nie nachgesucht, mit mir ein Gespräch zu führen – was ich erwartet hätte. Aber ich glaube, es wäre gut, wenn diese Herren auch mal gefragt werden, warum zum Beispiel ein Uferwanderweg für die breite Bevölkerung Brandenburgs und Potsdams am Ufer des Heiliger Sees nicht diskutiert worden ist – anders als zum Beispiel am Glienicker Horn, wo das ein Junktim war. Solche Probleme sollten sie erst ins Visier nehmen und sich nicht damit beschäftigen, ob Baurecht dadurch ersetzt wird, dass man letzten Endes eine Enteignung durchführt. Hätten Sie das Recht, bei einer Streichung des Baurechts von der Stadt Schadenersatz zu fordern? Natürlich ist die Stadt schadenersatzpflichtig. Das soll nicht als Drohgebärde gesehen werden, sondern es ist eine rein faktische Frage, und die kann ich nur so beantworten. Das ist so. Was das Baurecht im Konkreten angeht, ist es so, dass Sie an der Schwanenallee bauen können, solange es keinen Bebauungsplan gibt. Davon sind Sie in den bisherigen Planungen aber zurückgetreten. Das kann ja jemandem, der mit der Bebauung Geld verdienen muss – auch, um die Villa zu sanieren – gar nicht so recht sein. Die Attraktivität der Schwanenallee ist unbestritten. Natürlich wäre es viel schöner, Häuser an der Schwanenallee zu bauen, weil diejenigen, die dort einziehen würden, attraktive Ausblicke hätten und damit wahrscheinlich auch gern bereit wären, so schnell wie möglich Wohnungen zu kaufen. Wenn ich freiwillig im Einvernehmen mit der Schlösserstiftung, mit Denkmalpflege und Stadtplanung, von dieser Bebauungsidee zurückgetreten bin – zumindest sanktioniert habe, dass der Bebauungsplan in anderer Form die Bebauung darstellt – dann nur, weil ich Verständnis für die optische Freistellung der Villa Schöningen hatte. Das heißt nicht, dass ich auf mein Baurecht nach Paragraf 34 verzichtet habe. Bis zur Stunde habe ich nicht verzichtet und werde auch nicht verzichten. Die beiden Grundstücke, das der Villa Schöningen und das daneben liegende, gehören unmittelbar zum Bereich des Weltkulturerbes. Deshalb wollen nun viele in der Frage einer Bebauung die Unesco einschalten. Ich weiß nicht genau, wann welche Teile der Stadt unter Weltkulturerbe-Schutz gestellt worden sind, aber eines ist sicher: Die Villa Schöningen so wie sie sich heute präsentiert und das Baugrundstück waren schon damals in derselben rechtlichen Form zu sehen. Das bedeutet, dass es für das Baugrundstück Baurecht gab und gibt und die Unesco im Rahmen des Weltkulturerbes dieses Baurecht damals schon mit übernommen hat. Die Unesco selbst ist außerdem meiner Meinung nach nicht das Gremium, das hier angesprochen werden muss. Vielmehr ist es die Stadt Potsdam, die mit dem Weltkulturerbe gewisse Pflichten übernommen hat und diese Pflichten in Eigenregie erfüllen muss. Das bedeutet, dass Probleme, die sie sieht, selbst gelöst werden müssen. Und nicht ewig die Unesco angerufen wird. Die ist aus meiner Sicht dafür nicht zuständig. Was passiert, wenn die Stadtverordneten sich einigen würden, das Areal Villa Schöningen aus diesem Bebauungsplanentwurf, den es bisher gibt, herauszunehmen? Darüber hat man gesprochen, weil man die Auslegung nicht weiter verzögern will, damit der Investor, der an der Berliner Straße das „Beverly Hills“ genannte Villenviertel plant, bauen und die ansässigen Kleingärtner auszahlen kann. Erstmal hieße es tatsächlich, ein Problem nicht bewältigt zu haben. Nach elfeinhalb Jahren meine ich kann man verlangen, dass die Entscheidungskriterien so weit gediehen sind, dass auch entschieden werden kann – und zwar zugunsten des seit zehn Jahren verfolgten Plans, dort bauen zu lassen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die Stadtverordneten sich für eine Herausnahme des Villa Schöningen-Areals entscheiden. Für diesen nicht vorstellbaren Fall allerdings gibt es verschiedene eigentlich zwangsweise zu gehende Wege. Ich habe mich aber bis heute damit nicht befasst. Bevor nicht Entscheidungen getroffen sind, von denen ich immer noch hoffe, dass sie letzten Endes so getroffen werden wie ich es erwarte, sollten wir uns darüber keinen Kopf machen. Wenn die Auslegung des Bebauungsplans, wie Sie es erwarten, in diesem Monat beschlossen wird und das Baufenster auf dem Grundstück neben der Villa Schöningen besteht – wann würden Sie anfangen zu bauen und die Villa zu sanieren? Ich gehe hier von der Version Kavaliershäuser aus, weil diese aus meiner Sicht städtebaulich eine der qualitativ besten Grundlagen einer Bebauung wäre. Wir würden zweigleisig fahren: Auf der einen Seite würde die Baugenehmigung erarbeitet und beantragt werden, um möglichst kurzfristig mit den entsprechenden Häusern beginnen zu können. Und ansonsten beinhaltet, und da verrate ich kein Geheimnis, der entsprechende städtebauliche Vertrag – von dem ich davon ausgehe, dass er in diesem Zuge auch zustande käme – Fristen, die einzuhalten sind. Dafür ist gesorgt. Nun gehört das Grundstück, auf dem die Villa steht, Ihnen persönlich und das Grundstück daneben gehört der Akanthus Grundstücksgesellschaft meiner Gesellschaft. Wie ist es dazu gekommen, dass es dieses Konstrukt gibt? Ich hatte etwas mit dem Haus und mit dem Standort vor, was sich aus der Sicht 1994/95, als ich das Grundstück erworben habe, ganz anders darstellt als es heute der Fall ist. Es würde zu weit gehen, hier darauf einzugehen. Ich habe aber damals, weil das darum herum liegende Baugrundstück ja bebaut werden soll und ich dies als gewerbliche Maßnahme gesehen habe, dieses über die Gesellschaft Akanthus gekauft. Die Akanthus sollte gewerblich die Bebauung durchziehen. Dann ist es ja generell so, dass Überschüsse, sollten sie denn entstehen, in Form von Ausschüttungen oder Gesellschafterdarlehen bereit stehen könnten – und die wären mir zugeflossen. Ich hätte sie mir nicht in die Tasche gesteckt, das darf ich noch einmal sagen, sondern damit die Villa saniert, und so ist es ja auch heute vorgesehen. Abgesehen davon ist es egal, ob ich die Sanierung aus der eigenen Tasche zahle und dann das Geld nehme oder umgekehrt. Es ist immer noch dasselbe Querfinanzierungsprinzip. Wobei der Betrag, der durch eine Bebauung anfällt, das darf ich heute schon sagen, nicht reicht, um die Villa zu sanieren. Das heißt, Sie müssten aus eigener Tasche Geld in die Villa stecken? Korrekt. Können Sie sagen, wie viel Geld Sie bisher in die Villa investiert haben? Ich glaube, darüber sollten wir nicht sprechen. Es ist jedenfalls eine Summe in einer Höhe, die manchen erschrecken würde. Es ist schon viel Geld in die Villa geflossen. Nehmen wir an, alles tritt jetzt wie von Ihnen gewollt und geplant ein – werden Sie denn die Villa behalten? Das ist eine Frage, die ich von der emotionalen Seite gerne mit Ja beantworten würde. Denn die Villa habe ich tatsächlich aus emotionalen Gründen gekauft. Das, was ich vorhatte, geht leider heute nicht mehr, weil sich die Zeiten grundlegend verändert haben. Das heißt, die wirtschaftliche Basis, die damals ausschlaggebend war, ist in der Form nicht mehr gegeben. Schade. Ich würde die Villa heute behalten, würde sie aber auch veräußern, wenn ich jemanden fände, der sie in der Form instand setzt, wie es vorgesehen ist. Der also alle Verpflichtungen, die ich eingehen würde über einen städtebaulichen Vertrag, in genau der Form auch übernehmen würde – dann würde ich die Villa veräußern. Das Interview führte Sabine Schicketanz
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