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Voller Leben. Charlotte Zehmke wurde gestern 100.

©  Manfred Thomas

Landeshauptstadt: 100 Jahre wissen, was man will Charlotte Zehmke feierte gestern Geburtstag

Hermannswerder - Das Zimmer, das Charlotte Zehmke im Altenpflegeheim „Hertha von Zedlitz“ bewohnt, hat sie sich den Vorschlägen der Heimleitung zum Trotz selbst ausgesucht. Sie sei eine Frau, die weiß, was sie will, sagt Ramona Dumack, Beschäftigungstherapeutin der Einrichtung.

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Hermannswerder - Das Zimmer, das Charlotte Zehmke im Altenpflegeheim „Hertha von Zedlitz“ bewohnt, hat sie sich den Vorschlägen der Heimleitung zum Trotz selbst ausgesucht. Sie sei eine Frau, die weiß, was sie will, sagt Ramona Dumack, Beschäftigungstherapeutin der Einrichtung. Das ist an ihrem 100. Geburtstag nicht anders. Geschminkt und in ihrem roten Kostüm posierte sie für Fotoaufnahmen. Ihr hohes Alter sieht man ihr nicht an. Und auch nicht, dass sie blind ist. Ihre Augen scheinen voller Leben.

Charlotte Zehmkes Leben hat in London begonnen. Dort kam die Tochter eines Metzgermeisters 1909 zur Welt. Ihre Eltern waren damals aus beruflichen Gründen nach England gegangen, erzählt Christine Kaufmann, eine langjährige Freundin des Geburtstagskindes. Im Ersten Weltkrieges wurde die Familie in ein Internierungslager gebracht und konnte erst 1916 mit dem Schiff nach Deutschland zurückkehren, erzählt Charlotte Zehmke selbst. In Weißenfels an der Saale wurde sie als 7-Jährige eingeschult, bevor sie 1918 mit ihrer Familie nach Potsdam zog. Ihr Bruder hatte während seiner Schulzeit das Boxen erlernt und war stets darum bemüht, seine zwei Jahre jüngere Schwester zu verteidigen. „Ich zeig euch gleich, was ein englischer Kasper ist, hatte er dann immer gesagt“, sagt sie stolz – gern erzählt sie von ihrer Kindheit. Nach der Schule – ihr Vater war schon gestorben – kümmerte sich Charlotte Zehmke um ihre kranke Mutter. Erst mit 40 begann sie als Telefonistin zu arbeiten – leben ließ sich davon nur schwer. Selbst als Charlotte Zehmke das Rentenalter erreicht hatte, arbeitete sie weiter.  Sie sparte das Geld für eine neue Wohnungseinrichtung. Genug freie Zeit für ihre Hobbys fand sie trotzdem: wandern und segeln, am liebsten auf dem Scharmützelsee. Bevor es sie 1986 in den Humboldtring verschlug, lebte Charlotte Zehmke in einer kleinen Wohnung in der Otto-Nuschke-Straße, der heutigen Lindenstraße. Trotz ihrer bescheidenen Mittel sei sie immer hilfsbereit gewesen, sagte Christine Kaufmann. So hätte sie über Jahre hinweg eine blinde Nachbarin gepflegt. Ein Schicksal, dass vor drei Jahren auch Charlotte Zehmke ereilte und die bis dahin weitgehend selbstständig lebende Frau pflegebedürftig machte.

Seit gut einem Jahr wohnt sie nun im Altenheim „Hertha von Zedlitz“. Obwohl sie das Wandern aufgeben musste, fühlt sie sich dort sehr wohl. Kinder hat Charlotte Zemke keine. An Gästen mangelte es der 100-Jährigen an ihrem gestrigen Ehrentag dennoch nicht. Bei Akkordeon-Musik wurde gemeinsam angestoßen. Danach ging es zum Mittagessen ins Inselhotel. evz

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