Von Henri Kramer: 181 Verdachtsfälle auf Gefährdung von Kindern Jugendamt: Vor allem dicht bebaute Wohngebiete im Süden betroffen / Mehr Mitarbeiter im Jugendamt
Mehr als jeder dritte Verdachtsfall auf Kindeswohlgefährdung, der in Potsdam gemeldet wird, spielt sich am Stern, in Drewitz oder am Kirchsteigfeld ab. Das geht aus einer erstmals in dieser Art vorliegenden Statistik hervor, die das Jugendamt am Donnerstagabend im Jugendhilfeausschuss vorgestellt hat.
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Mehr als jeder dritte Verdachtsfall auf Kindeswohlgefährdung, der in Potsdam gemeldet wird, spielt sich am Stern, in Drewitz oder am Kirchsteigfeld ab. Das geht aus einer erstmals in dieser Art vorliegenden Statistik hervor, die das Jugendamt am Donnerstagabend im Jugendhilfeausschuss vorgestellt hat. So mussten Mitarbeiter des Amts im vergangenen Jahr in den drei südlichen Stadtteilen in 67 Fällen dem Verdacht nachgehen, dass Kinder bedroht sein könnten. Insgesamt registrierte das Amt 181 solcher Meldungen. In 99 Fällen waren die betroffenen Kinder unter sieben Jahre alt. In Potsdams Norden und Westen sowie im Zentrum gab es 2009 nur 33 Verdachtsfälle.
Gestern erläuterte Jugendamtschef Norbert Schweers den PNN die Zahlen. „Es gab nur ganz wenige Fälle, in denen keinerlei Hilfe nötig war“, so Schweers. Im Ausschuss wurden als Gründe für die Meldungen zum Beispiel schmutzige Anziehsachen genannt, aber auch das Tragen von Sommerkleidung im Winter, ein schlechter Ernährungszustand oder sogar gebrochene Knochen und Verbrennungen. Bei 116 der 181 Potsdamer Verdachtsfälle habe es Beratungen gegeben, bei weiteren 51 Familien wurden Hilfen zur Erziehung gewährt – Maßnahmen, die Eltern zustehen, wenn sie mit ihren Kindern überfordert sind. In 15 Fällen sah das Jugendamt so erheblichen Handlungsbedarf, dass das Familiengericht eingeschaltet wurde, um das Kind aus dem Elternhaus zu nehmen. Allerdings sagte Schweers auch, dass die Zahl gemeldeter Verdachtsfälle um rund 50 Fälle im Vergleich zu 2008 gesunken sei – damals hatte sich diese Zahl nach bundesweiten Schlagzeilen über Kindesmisshandlung enorm erhöht.
Schweers sieht außerdem einen Zusammenhang zwischen einer nicht ausreichenden Zahl von Mitarbeitern im Jugendamt und steigenden Kosten für Hilfen zur Erziehung. Dieses Jahr hat die Stadt für Hilfen zur Erziehung zwölf Millionen Euro eingeplant, 3,9 Millionen mehr als noch 2008. Zugleich erhält das Jugendamt bis Ende 2011 sechseinhalb Personalstellen mehr. „Mit den vielen Verdachtsfällen der vergangenen Jahre waren unsere Mitarbeiter immer mehr gefordert“, so Schweers – jeder Fall binde zwei Sozialarbeiter. Um das erhöhte Aufkommen noch zu beherrschen, seien vermehrt Hilfen zur Erziehung in die Familien gegeben worden, um bestimmte Situationen zu beruhigen – vor allem mit kurzfristigen, ambulanten Angeboten, so Schweers. „Mit den neuen Mitarbeitern wird es sicher nicht noch so einen Kostenanstieg geben“, sagte er.
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