
© Kitty Kleist-Heinrich
Von Sabine Schicketanz: 1830 neue Kitaplätze in drei Jahren
Stadt will mit neuem Anmelde-System und Modellprojekt Wartelisten und Platzmangel bekämpfen
Stand:
Mit einer Kita-Offensive will Potsdam die Kinderbetreuung in Krippe, Tagespflege, Kindergarten und Hort ausbauen. Bis 2011 sollen rund 1830 neue Plätze für Kinder von null bis zwölf Jahren entstehen, bis 2013 dann jährlich weitere 400 bis 500. Gleichzeitig soll das Anmelde-System für die Kindergärten verbessert werden. Bisher gibt es bei den Kitas Wartelisten mit bis zu 100 Kindern. Per Modellprojekt, das in diesem Jahr startet, sollen Eltern künftig ihren Kita-Platz im Internet reservieren können. Das kündigten Jugend-Beigeordnete Elona Müller (parteilos) und Jugendamtsleiter Norbert Schweers an.
Derzeit werden in 100 Potsdamer Einrichtungen, die von 50 freien Trägern betrieben werden, rund 12 000 Kinder betreut. Doch es herrscht Mangel: „Wir haben jetzt ein Loch von 50 bis 100 Plätzen“, sagt Jugendamtsleiter Norbert Schweers. Schuld daran sei die große Zahl der Zuzügler. „Es waren 2008 doppelt so viele wie 2007 – und viel mehr, als die städtische Prognose vorhergesagt hatte“, so Müller. Besonders seit die Landeshauptstadt vor anderthalb Jahren in einer Prognos-Studie zur „familienfreundlichsten Stadt Deutschlands“ gekürt wurde, sei sie für Menschen mit Kindern noch attraktiver geworden. Das heißt, immer mehr Familien ziehen nach Potsdam und immer mehr Kinder werden hier geboren.
DIE KITA-OFFENSIVE
Mit der Kita-Offensive will die Stadt darauf reagieren. Dafür werde der Bedarf an Kita-Plätzen ab sofort jährlich statt nur alle zwei Jahre errechnet. Bis September will das Jugendamt außerdem eine Kita-Prognose bis 2020 oder 2025 vorlegen. Damit sollen die Stadtverordneten besser entscheiden können, ob und wo die Stadt tatsächlich Geld für den Neubau von Kitas ausgeben muss. 100 Kita-Plätze kosten die Stadt jährlich rund 400 000 Euro, so Jugendamtsleiter Schweers – in der Pauschalrechnung ist die Schaffung neuer Plätze bereits inklusive. Bis zum Sommer 2013 werde es besonders wichtig, neue Krippenplätze zu schaffen. Dann trete die Gesetzänderung in Kraft, wonach für jedes Kind bereits ab dem ersten Lebensjahr ein Rechtsanspruch auf Betreuung besteht. Bisher gilt dieser ab dem dritten Lebensjahr. Laut Schweers werden bereits heute knapp die Hälfte aller unter Dreijährigen in Potsdam in Krippen betreut. Dieser Anteil werde bis 2013 auf 57 Prozent steigen. Geld gibt es jetzt auch für die Sanierung der Kitas. Bis inklusive 2012 stehen laut Schweers pro Jahr sechs Millionen Euro aus dem Konjunkturprogramm II zur Verfügung. Nachteil: Während der Bauzeiten können viele Kitas weniger Kinder betreuen. Die Stadt rechnet mit Engpässen.
DAS NEUE ANMELDE-SYSTEM
Ab Januar 2010 soll das neue Anmelde-System für Kita-Plätze laufen. Derzeit gebe es eine Übergangsphase, so Jugendamtschef Schweers. Das neue System soll die überlangen Wartelisten bei den freien Trägern der Kitas abschaffen und den Eltern die Anmeldung ihrer Kinder leichter machen. Die rund 50 freien Träger müssen das neue Prozedere mittragen. Dafür soll eine schriftliche Vereinbarung sorgen, die allerdings noch nicht alle unterschrieben hätten, so Schweers.
Das neue Anmelde-System funktioniert wie folgt: Wer sein Kind in einer Kita betreuen lassen möchte, beantragt so schnell wie möglich – am besten im Januar für einen Platz ab September – beim Jugendamt oder den Außenstellen in den Stadtteilen den sogenannten Rechtsanspruch. Dies passierte bisher in den Kitas. Mit dem bestätigten Rechtsanspruch-Schreiben samt Stempel der Verwaltung gehen die Eltern dann sofort zu der Kita ihrer Wahl. Diese bekommt das Rechtsanspruch-Schreiben, das wie ein Gutschein für einen Kita-Platz funktioniert, und muss bis Ende April des laufenden Jahres, also innerhalb weniger Wochen, entscheiden, ob das Kind den Platz bekommt. Damit könnten die freien Träger nicht wie bisher die Wartelisten über den Sommer anwachsen lassen und dann wenige Wochen vor Start des Kita-Jahres im September entscheiden, so Jugendamtschef Schweers. Die Eltern hätten mehr Planungssicherheit und die Stadt könne anhand der vergebenen Rechtsanspruch-Gutscheine den tatsächlichen Bedarf an Kita-Plätzen nachvollziehen. Mehr Reglements könne die Stadt nicht einführen. Eine zentrale Kita-Platzvergabe sei gesetzlich nicht erlaubt; auch müssten die freien Träger frei wählen können, welches Kind sie aufnehmen.
DAS INTERNET-MODELLPROJEKT
Mit einem Internet-Modellprojekt soll die Wahl des Kita-Platzes und die Anmeldung den Eltern aber weiter erleichtert werden, sagt Schweers. Das von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) angeregte Projekt soll noch 2009 starten. Träger ist die Kinderwelt Potsdam GmbH, die selbst Kitas und Tagespflegestellen betreibt und bereits für das Studentenwerk die Kinderbetreuung organisiert hat. Sie soll künftig alle Kitas samt Profil, Öffnungszeiten und freien Plätzen im Internet veröffentlichen. Per Anmeldebogen sollen Eltern dann bereits einen Kita-Platz reservieren können. Gleichzeitig soll die Kinderwelt Eltern bei der Anmeldung beraten und zwischen Stadt und Kita-Trägern vermitteln.
Gleiches tut die Kinderwelt GmbH bereits im Bereich Tagespflege: Der freie Träger hat die Vermittlung von Tagespflege-Plätzen von der Verwaltung übernommen. Seit Anfang März werden die 262 Plätze bei 56 Tagesmüttern und zwei Tagesvätern von der Kinderwelt zusammen mit den Trägern Frauen in der Lebensmitte e.V. und Treffpunkt Fahrland vermittelt, betreut und finanziert. Dafür bekommen die Träger eine Verwaltungspauschale von der Stadt; das Jugendamt selbst überprüfe die Qualifikation und Weiterbildung der Tagespflege-Personen. Die drei Träger sollen auch weitere Tagespflege-Personen „werben“, so Beigeordnete Müller.
Sie sagte zu, dass nach demVorbild der Umland-Gemeinden und Berlins künftig auch die Potsdamer Tagespflege-Personen mit ihren Profilen im Internet veröffentlicht werden sollen. Bisher wurden alle Tagespflege-Plätze nur vom Jugendamt vergeben; Eltern hatten keine Möglichkeit, sich vorab Tagesmütter auszusuchen.
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