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Von Erhart Hohenstein: 270 Jahre Große Stadtschule Stimmungsvolle Jubiläumsfeier

Die Grande école, Potsdam ältestes Schulgebäude, feierte gestern Abend ihr 270-jähriges Bestehen. Das 33-köpfige Lehrerkollegium und die fast 500 Studierenden, die an der heutigen Schule des zweiten Bildungsweges das Abitur und andere Abschlüsse nachholen, hatten ein stimmungsvolles Jubiläumsprogramm auf die Beine gestellt.

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Die Grande école, Potsdam ältestes Schulgebäude, feierte gestern Abend ihr 270-jähriges Bestehen. Das 33-köpfige Lehrerkollegium und die fast 500 Studierenden, die an der heutigen Schule des zweiten Bildungsweges das Abitur und andere Abschlüsse nachholen, hatten ein stimmungsvolles Jubiläumsprogramm auf die Beine gestellt.

Dazu zählte mit Szenen aus dem „Zerbrochenen Krug“ selbstverständlich die Verbeugung vor dem berühmtesten Schüler und Namensgeber, Heinrich von Kleist. Der Berliner Schriftsteller Robert Löhr, der Kleist in seiner vielbeachteten Klassikparodie „Das Erlkönig-Manöver“ in den Krieg gegen Napoleon schickt, ging gewohnt respektlos, aber liebevoll mit dem großen Dichter um.

Wie zur Einweihung des Schulbaus im Sommer 1739 waren in ihren prachtvollen Uniformen auch 270 Jahre später die „Herren Offiziers vom großen Königl. Grenadier-Regiment“ (die Langen Kerls) erschienen. Dagegen fehlten diesmal „die sämmtliche Herren des Raths“, denn die mussten zur gleichzeitig stattfindenden Stadtverordnetensitzung. Gekommen war aber ein echter Kleist, Bernd Heinrich von Kleist, der die Grüße des seit 700 Jahren bestehenden Familienverbandes des alten Adelsgeschlechtes überbrachte.

Landesbildungsminister Holger Rupprecht sparte nicht mit Lob für die pädagogischen Leistungen und Erfolge der Bildungsstätte, die 2007 aus dem Zusammenschluss der Potsdamer Abendschule und des in Teltow beheimateten Potsdam-Kollegs hervorging. Indem sie jungen Erwachsenen eine zweite Chance gibt, trage sie zu Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit bei.

Schulleiterin Angela Hoffmann hatte zuvor einen Rückblick auf die 270-jährige Geschichte der Schule gegeben, die von König Friedrich Wilhelm I. für die Bildung und die Studienvorbereitung von Adels- und Bürgerssöhnen gegründet worden war. Dazu hatte er dem Magistrat 10 000 Taler gegeben, auch um „tüchtige Subjekte“ als Lehrer einzustellen. Es dauerte dennoch Jahrzehnte, ehe die Einrichtung das angestrebte Niveau erreichte. Dabei gab es die kuriose Episode, dass König Friedrich II. hier seine Pagen nicht nur unterrichten, sondern auch wohnen ließ. Die Bengel trieben mit ihren Streichen die Lehrer fast zur Verzweiflung.

Später, bereits zu Kleists Schulzeit ab 1798, galt der so genannte Separistenunterricht zur Vorbereitung auf das Studium in ganz Preußen als vorbildlich. Wachsende Schülerzahlen führten dann 1888 zum Neubau des Victoria-Gymnasiums in der Kurfürstenstraße, in der Großen Stadtschule verblieb eine Mädchenschule. Nach den Nachkriegswirren etablierte sich hier die Polytechnische Oberschule 15. Der Wunsch, sie nach Kleist zu benennen, wurde durch die SED-Obrigkeit abgelehnt. Namensgeber wurde vielmehr der Kommunist Fritz Schmenkel, der im Zweiten Weltkrieg als Partisan auf sowjetischer Seite gekämpft hatte.

Nach der Wiedervereinigung beherbergte das Haus eine Grundschule, die wegen des starken Schülerrückgangs 1999 geschlossen werden musste. Danach gab es Erwägungen, das Barockgebäude an Privathand zu verkaufen. Der Widerstreit endete jedoch mit dem 2000 gefassten Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, hier die dann zur Schule des zweiten Bildungsweges erweiterte Abendschule unterzubringen. Dafür wurde das prachtvolle Barockgebäude, das sechs Jahre älter ist als Schloss Sanssouci, mit einem Aufwand von mehr als zwei Millionen Euro saniert und modern ausgestattet.

Erhart Hohenstein

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