Landeshauptstadt: 364 Tage Knochenarbeit
Das „Fest der Pflegenden“ bot Anerkennung und Erholung vom 24-Stunden-Job der Angehörigen und Berufspfleger
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Berliner Vorstadt - 2020 über 80-Jährige gibt es in Potsdam, ab 85 werden viele Menschen zum Pflegefall, erklärt Elona Müller-Preinesberger, Beigeordnete für Soziales, Jugend, Gesundheit, Ordnung und Umweltschutz. Der größte Teil pflegebedürftiger Potsdamer werde zu Hause betreut – meist von anderen Familienmitgliedern, seltener von privatem Pflegepersonal. Um die sowohl physisch als auch psychisch anstrengende und unbezahlte Arbeit zu würdigen, wurde am Samstag zum zweiten Mal das „Fest der Pflegenden“ veranstaltet, diesmal in der fabrik in der Schiffsbauergasse. Bereits 2010 hatten der Deutsche Berufsverband für Pflegende (DBfK) und das Netzwerk Älter werden in Potsdam zu diesem Zweck einen „Tanz in den Mai“ für pflegende Angehörige organisiert.
Auch Kabarettistin Gretel Schulze, zusammen mit Oberbürgermeister Jann Jakobs Schirmherrin der Veranstaltung, hat eigene Erfahrungen mit der Last, die Menschen auf ihren Schultern tragen, welche Angehörige pflegen. Wie sie in einer eindrucksvollen Rede berichtete, hätten ihre Mutter und ihre Tante die Großmutter bis zu deren Tod gepflegt. Körperlich und nervlich sei ihre Mutter danach fast selbst ein Pflegefall gewesen, sagt sie. Doch nicht nur die Arbeit mache den Verwandten zu schaffen. Müller-Preinesberger zufolge vereinsamten viele von ihnen selber, weil sie ihr Familienmitglied oft weder mitnehmen noch alleine lassen könnten. Darum waren die Gepflegten auf dem Fest ebenso willkommen wie ihre Pfleger.
Von 14 bis 18 Uhr wurde den Betreuerinnen und Betreuern ein Live-Programm mit Clowns und Schlagermusik zu Kaffee und diversen Kuchen geboten. Die etwa 25 Helferinnen und Helfer übernahmen den Kellnerservice und brachten sowie entfernten auf Wunsch Teller und Getränke. Auch als Tanzpartner etablierten sie sich, als gegen halb vier die ersten Paare das Parkett betraten. Im Anschluss fand die speziell an professionelle Pfleger und Mitarbeiter im Rettungsdienst gerichtete „Blaulichtdisko“ mit Grill statt.
Um Betroffenen nicht nur einmal im Jahr, sondern auch im Alltag das Leben zu erleichtern, waren auch Vertreter einiger Potsdamer Hilfsorganisationen anwesend und hatten Informationsbroschüren ausgelegt, wie beispielsweise der Förderverein Akademie Zweite Lebenshälfte, das Kursana Domizil, der Verein „Wir pflegen“ e.V. und das Oberlinhaus. „Viele wissen einfach nicht von unserem Angebot“, erklärte der Pflegedienstleiter der Tagespflege im Evangelischen Zentrum für Altersmedizin, Silvio Friedrich. Elona Müller-Preinesberger wünscht sich ebenfalls mehr Zulauf zum Fest für das nächste Jahr, auf das auch Freunde der Angehörigen und Pfleger mitgebracht werden können. Stefanie Templin
Stefanie Templin
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