
© Julius Frick
Landeshauptstadt: 65 Jahre durch dick und dünn
Die Geschichte eines Ehepaares aus Babelsberg
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Der Raum ist hell und luftig, die Gäste sitzen in mehreren Reihen vor einem kleinen Altar, ganz vorn Hans und Rosa Peuten, die beiden Jubilare. „Jetzt wollen wir noch gemeinsam etwas singen“, sagt der Pfarrer feierlich. Er beginnt und die ganze Gesellschaft stimmt mit ein. Danach kommt auch noch einer Vertreter der Stadt vorbei, um das Paar zu 65 Jahren Ehe zu beglückwünschen. Es gibt Sekt und Kuchen, alle wirken zufrieden.
Aber nicht immer war der Lebensweg der Verheirateten so unbeschwert, oft war er beschwerlich und von Sorgen geprägt. Beide wurden in Nowawes geboren, kennen lernten sie sich aber erst später – während des Zweiten Weltkrieges: Rosa ging damals noch zur Schule und musste, wie alle anderen, regelmäßig Briefe an Frontsoldaten schreiben, darunter auch an Hans. Über die Jahre entwickelte sich so mehr als eine echte Brieffreundschaft. Doch dann verlor Hans erst seinen Bruder an der Front, wurde dann selbst schwer verwundet. „Fast hätten sie mir meinen Fuß amputieren müssen“, sagt er. Doch bis zu seiner Heimkehr hielten sie den Kontakt trotz aller Widrigkeiten aufrecht – und heirateten schließlich am 13. August 1949.
Auch nach dem Krieg aber wurde das Leben nicht viel leichter für sie. Rosa musste in der sowjetischen Zone Zwangsarbeit leisten, unter anderem Kohlen ausladen oder Holz hacken. Sie ist den Tränen nahe, als sie sich daran erinnert: „Wir waren doch viel zu jung dafür!“ Hans war zunächst Kraftfahrer im Justizministerium, wurde jedoch nach der Gründung der DDR aufgrund seiner politischen Gesinnung, seiner regimekritischen Haltung, fristlos entlassen. Bald darauf musste er Einsenbahnwaggons reparieren, unfreiwillig versteht sich. „Die Zeit nach dem Krieg und später in der DDR war schon sehr schwer für uns“, sagt er. Doch beide versuchten, im Privaten ihr Glück zu finden, etwa im gemeinsamen Schrebergarten. Auch seien sie immer gerne tanzen gegangen und nach der Wende hätten sie viele Reisen unternommen. Seit April diesen Jahres verbringen sie ihren gemeinsamen Lebensabend im Emmaus–Haus, einem evangelischen Pflegeheim. Und noch immer verstehen sie sich gut. Sie ist inzwischen 85, er 92 Jahre alt. Zusammen haben sie vier Kinder und fünf Enkel. Trotz der oft schweren Zeiten blicken sie zu zweit auf ein aufregendes und erfülltes Leben zurück. Kai Gies
Kai Gies
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