zum Hauptinhalt

SERIE WENDEKalender: 7. Oktober

103 Verhaftete, 19 Ermittlungsverfahren und ein Bezirksstaatsanwalt

Stand:

JAHRE

MAUERFALL

Was ist im Oktober 1989 alles in Potsdam passiert: Die Stadt- und Kreissparkasse hat ihren ersten Geldautomaten im Bezirk Potsdam in Betrieb genommen, 44 neue Wohnungen in Drewitz wurden an die Mieter übergeben – darunter auch die 800. Neubauwohnung des Jahres – und der 40. Jahrestag der DDR wurde an der Sporthalle Heinrich-Mann-Allee und auf der Freundschaftsinsel gefeiert. Zur gleichen Zeit trafen sich am Glockenspiel in der Klement-Gottwald-Straße, der heutigen Brandenburger Straße, gegen 14 Uhr einige Demonstranten unter dem Motto „Gegen Resignation und Angst, für Veränderung und Hierbleiben“. Als sie sich aufmachten, „hat jeden von ihnen ein Gefühl von Angst und Sorge ergriffen“, erinnert sich Bernd Blumrich im Buch „Linienuntreue“. Der Kleinmachnower Fotograf hat die Augenblicke mit seiner Canon-Kamera festgehalten. Später ist er einer der 103 Verhafteten an diesem Tag. Mit den Worten, „dass sind die beiden, die die ganze Zeit fotografiert haben“, sei die Polizei auf ihn zugekommen. Die Canon-Kamera, ein Geschenk seines Bruders, sei Beweis gewesen, dass er für westliche Medien arbeitet. Die Kamera samt Filme wurde beschlagnahmt. Zehn Haftbefehle hat das Kreisgericht erlassen, 19 Ermittlungsverfahren sind eingeleitet worden – alle wurden später eingestellt und zurückgenommen. Und Bernd Blumrich hat sich beim Bezirksstaatsanwalt beschwert: Weil er länger als 24 Stunden festgehalten worden ist, wegen Diebstahls von Eigentum und Behinderung der beruflichen Tätigkeit. Erst zehn Jahre später hat er die Polizeiakten gegen eine Gebühr von 30 DM eingesehen. Darin steht: Der Bezirksstaatsanwalt hatte seiner Beschwerde in allen Punkten Recht gegeben – auch das gab es im Oktober 1989 in Potsdam. pst

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })