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Landeshauptstadt: Abenteuerspielplatz der russischen Armee

Am 28. August eröffnet im Belvedere eine umfassende Ausstellung zur Geschichte des Pfingstbergs

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Nauener Vorstadt - Wer das Belvedere auf dem Pfingstberg besteigt, der bekommt etwas zu sehen – nicht nur eine der schönsten Aussichten Potsdams, sondern demnächst auch erstmals einen wirklich umfassenden Einblick in die bewegte Geschichte des Ortes. Am 28. August eröffnet im Belvedere die neue Dauerausstellung „Potsdamer Visionen mit Ausblick“ des Fördervereins Pfingstberg e.V., welche die 150-jährige Entwicklung des Pfingstbergs, seiner Bauten und seiner Umgebung dokumentieren wird.

Ein solcher historischer Überblick fehlte bislang: Im Belvedere gab es lediglich eine kleine Ausstellung über die Zeit der Rekonstruktion und Sanierung ab 1994. Die wird nun durch die neue Ausstellung ersetzt. „25 Jahre nach dem ersten Pfingstbergfest tun wir den nächsten Schritt, um die Vision nach außen zu tragen, die dieser Berg in sich trägt“, sagt Jörg Walter, Vorstandsvorsitzender des Fördervereins.

„Vision“ ist das Stichwort für Walter, wenn es um den Pfingstberg geht: Schließlich begann alles mit der Vision Friedrich Wilhelms IV., der 1847 die ersten Bauarbeiten für das Belvedere nach dem Vorbild italienischer Renaissance-Villen in Auftrag gab. Eigentlich sollten die Anlagen noch umfangreicher ausfallen, doch finanzielle Gründe und der Tod des Königs verhinderten weitere Ausbauten. Ein Glück für den Pomonatempel von Schinkel, der konnte deshalb stehen bleiben.

Das Belvedere selbst war – trotz seiner prachtvollen Erscheinung – ein „nicht bewohnbares Schloss“, so Walter: „Die königliche Familie nutzte es ja nur temporär, und es waren umfangreiche Vorbereitungen nötig, wenn sie beschloss, das Belvedere zu besuchen.“ Schnell stellte sich heraus, dass es für das Gebäude besser war, wenn es dauerhaft bewohnt und gepflegt wurde, weshalb eine Kastellanswohnung im Schloss eingerichtet wurde: ohne Heizung und Wasser. Doch trotz der Umstände: „Bis in die 1960er-Jahre war das Belvedere noch bewohnt“, erzählt Walter.

Über ein Jahr lang hat die Vorbereitung der Ausstellung gedauert, die auch vom Land und der Stadt Potsdam gefördert und der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten begleitet wurde. Gegliedert sein wird sie in fünf Abteilungen: Die Planungen und Gestaltung des Pfingstberges durch Friedrich Wilhelm IV., der Alltag des Belvederes als Aussichtsschloss im 19. Jahrhundert, die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, der Verfall des Areals während der DDR und schließlich der Neubeginn ab 1989. Die Schau wird sich dabei vor allem auf Bilder, Fotos und Textdokumente stützen, es gibt aber auch kurze Filme, unter anderem einen fiktiven Dialog zwischen Friedrich Wilhelm VI. und Peter Joseph Lenné, der für die Gartenanlagen auf dem Pfingstberg verantwortlich war.

Von denen war vor ein paar Jahrzehnten nicht mehr viel zu sehen: Zu DDR-Zeiten wurde der Pfingstberg zum Sperrgebiet, da man vom Belvedere aus die Grenzanlagen sehen konnte. Während rund um den Berg russische Militärangehörige in die Villen zogen, verfiel das historische Ensemble. Es war jedoch nicht unmöglich, den Aussichtsturm auch damals zu betreten: „Der Ort war ein Tummelplatz für russische Offiziere, die hatten den Pfingstberg als Abenteuerspielplatz für sich entdeckt“, erinnert sich Walter. Man musste nur den Spuren dieser Besucher folgen, dann fand man schon einen „mehr oder weniger gefährlichen Zugang ins Belvedere“, so Walter.

Er gehörte mit zu den Potsdamern, die 1987 dem Verfall nicht länger zusehen wollten und sich 1988 zur „Arbeitsgemeinschaft Pfingstberg“ zusammenschlossen, aus der später der Förderverein Pfingstberg e.V. hervorgehen sollte. Bis heute denkwürdig war das von der AG „Pfingstberg“ und der von Matthias Platzeck mitbegründeten AG „Umwelt und Stadtgestaltung“ veranstaltete Pfingstbergfest am 10. Juni 1989 – damals ein Novum in Potsdam, da die Veranstaltung weder von Partei noch von FDJ oder Kirche organisiert worden war. „Dieser Ort war immer stark von Visionen geprägt“, sagt Walter über die damaligen Ereignisse. „Es ging darum, sich von der Faszination dieses Ortes bewegen zu lassen.“

Bewegen lassen von dieser Geschichte können sich Besucher ab nächsten Donnerstag: Die Ausstellung ist im Eintritt zum Belvedere einbegriffen.

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