Potsdam: Abgetauchter Pogida-Chef soll in Haft
Das Potsdamer Landgericht verwirft die von Pogida-Gründer Müller eingelegte Berufung gegen dessen Freiheitsstrafe – und lässt Fragen offen. Müller selbst ist derweil abgetaucht.
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Potsdam - Pogida-Gründer Christian Müller soll ins Gefängnis. Am Montag hat das Potsdamer Landgericht eine von dem 33-Jährigen eingelegte Berufung gegen eine einjährige Freiheitsstrafe verworfen. Allerdings entschied die verantwortliche Richterin Ulrike Phieler-Morbach weder über einen von der Staatsanwaltschaft sofort beantragten Haftbefehl noch über eine noch anhängige Berufung der Anklageseite, die 16 Monate Haft erreichen will. Wann über beides entschieden werden soll, blieb offen. Erst danach kann das Urteil rechtskräftig werden. Dann würde Müller zum Haftantritt geladen werden. Erscheint er dann nicht, würde ein Haftbefehl erlassen.
Bewährungshelfer und Verteidiger haben keinen Kontakt mehr zu Christian Müller
Doch Müller ist offenbar schon jetzt untergetaucht. Am Montagmorgen um 9 Uhr sollte der Berufungsprozess zu einem gegen ihn geführten Strafverfahren am Landgericht beginnen. Doch Müller erschien nicht zu dem unter besonderen Sicherheitsvorkehrungen stattfindenden Termin. Sein Bewährungshelfer habe keinen Kontakt mehr zu Müller, die Wohnung des Mannes in der Burgstraße sei verlassen, sagte Richterin Phieler-Morbach. „Wenn er auf der Flucht ist, würde mich das freuen – das würde zeigen, dass er zumindest am Leben ist“, sagte der Verteidiger von Müller, der Szene-Anwalt Wolfram Nahrath. Seine Versuche, Müller per Handy zu erreichen, blieben erfolglos. Vielleicht sei sein Mandant auch krank oder verunfallt, mutmaßte der Jurist.
Der frühere Anmelder der rechten Pogida-Demonstrationen war in dem Berufungsverfahren wegen Körperverletzung angeklagt und in erster Instanz zu einer einjährigen Haftstrafe verurteilt worden, weil er in der Silvesternacht 2014/15 zwei Partygäste verprügelt hatte. Intern hatten Polizisten schon mehrfach Unverständnis für den jahrelang nachsichtigen Umgang der Justiz mit dem Intensivstraftäter geäußert, der mit der Berufung eine erneute Haftstrafe verhindern wollte und weiter mit Gewalttaten auffiel.
Immer noch Strafverfahren von Pogida-Gegnern
Müller hatte Anfang 2016 in Potsdam mehrere Demonstrationen nach dem Vorbild der Dresdner Pegida-Bewegung organisiert. Nach Ausschreitungen von Gegendemonstranten bei der ersten Kundgebung hatte die Polizei bei Pogida-Demos bis zu 1000 Beamte eingesetzt, immer noch sind Strafverfahren gegen Gegner anhängig. Eines endete am Montag. Dabei sollte sich der 32 Jahre alte Student Simon W. wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte verantworten. Ihm war vorgeworfen worden, am 24. Februar 2016 bei einer Pogida-Demo in Bornstedt eine Polizeikette durchbrochen zu haben, um zu einer Sitzblockade gegen Pogida zu gelangen. Der nicht vorbestrafte Mann, der sich auch gegen die Garnisonkirche engagiert, räumte ein, er sei „durch die Kette geschlüpft“, aber ohne Einsatz von Gewalt. Das Verfahren wurde schließlich gegen die Zahlung von 100 Euro an eine wohltätige Organisation eingestellt.
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