Die Puhdys: Abschiedkonzert in Potsdam: Abschied von den Rolling Zonen-Stones
Und jetzt alle: „Es ist keine Ente. Wir spielen bis zur Rockerrente!
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Und jetzt alle: „Es ist keine Ente. Wir spielen bis zur Rockerrente!“ Es ist ja etwas her, als die Zonen-Ikonen schlechthin, die Puhdys, diesen fast schon als Drohung formulierten Hit 1984 hinausposaunten. Mehr als 30 Jahre sind seitdem vergangen. Zwar besteht die Band um Dieter „Maschine“ Birr, Dieter „Quaster“ Hertrampf, Peter „Eingehängt“ Meyer, Peter „Bimbo“ Rasyn sowie Klaus „Ich-verzichtete-auf-peinliche-Spitznamen“ Scharfschwerdt seit gefühlten Äonen optisch schon längst aus Rockerrentnern. Dennoch haben sie es irgendwie geschafft, auch noch ein Vierteljahrhundert nach der Wende die Bewohner der ehemaligen sowjetischen Besatzungszone in Begeisterungsstürme zu versetzen. Doch jetzt soll Schluss damit sein: Am heutigen Samstag geben die Puhdys auf ihrer Abschiedstournee ein letztes Konzert in Potsdam – auf dem Sportplatz am Kirchsteigfeld.
Als sich die Puhdys 1969 gründeten, war an den 1993 errichteten Stadtteil Kirchsteigfeld freilich noch gar nicht zu denken. Zunächst unter dem Einfluss von Led Zeppelin, Deep Purple und Konsorten als Hardrock-Kapelle gegründet, gehörte die Band schon Anfang der 1970er-Jahre zur Musik-Elite des Arbeiter- und Bauernstaates: „Schlager des Jahres“ hieß es, kurz darauf „Rockband des Jahres“. Unvergessen bleibt sicherlich der Soundtrack zum Film „Die Legende von Paul und Paula“, in dem „Maschine“ mit geteerter Stimme „Wenn ein Mensch lebt“ und „Geh zu ihr“ schnurrt.
Was anderen Zonen-Bands verwehrt blieb, war für die Puhdys Alltag: Als eine der wenigen Bands der DDR durften sie Konzerte in Westdeutschland geben, 1976 etwa in Hamburg, Dortmund und Westberlin. 1980 nahm die Band ihr Album „Far from Home“ – das zweite in englischer Sprache – in London auf, spielte kurz darauf in der Westberliner „Waldbühne“ und ging danach auf Promotour durch die Vereinigten Staaten – da mag so mancher Band in der DDR das Messer in der Tasche aufgegangen sein. Die Puhdys bedankten sich artig für das Vertrauen, indem sie daheim hin und wieder gern im blauen FDJ-Hemd auftraten und 1982 den „Nationalpreis der DDR“ annahmen. Ihre Popularität nutzte die Band eher versteckt zur Kritik: Das Lied „Ich will nicht vergessen“ schaffte es 1984 dennoch auf den Index – immerhin kam das unerwünschte Wort „Deutschland“ im Text vor. Im Jahre 1989 folgte dann die große Abschiedstour für die erfolgreichste Rockband der DDR – das Ende einer Ära.
Naja, fast. So wie die Scorpions seit 20 Jahren auf großer Abschiedstour sind, formierten sich die Puhdys auch bald wieder. Und auch nach der Wende verstand die Band gut, sich mit dem System zu arrangieren: als Auftragsmusiker. Zunächst gab es eine Hymne für den FC Hansa Rostock („FC Hansa – Wir lieben dich total“), dann für den Berliner Eishockey-Verein Eisbären („Hey, wir woll’n die Eisbären sehen“), dann für den FC Union Berlin („Eisern Union 2000“) und schließlich für – ausgerechnet – den westdeutschen Fußballverein SC Paderborn 07 („Helden geben nie auf“). Weiter ging es mit Werbesongs für Bier und Telekommunikation, außerdem gab es zahlreiche Konzerte auf Kirmesfesten im postsozialistischen Hinterland. Manch einer mag sich fragen: Haben sie da ihre Glaubwürdigkeit zugunsten ewiger Ostalgiker und einem gut gefüllten Portemonnaie verscherbelt? Oft ist es eben besser, rechtzeitig die Reißleine zu ziehen: Die Rolling Stones sind die Puhdys halt nicht. Und wer weiß, vielleicht blüht uns ja im nächsten Jahr erneut eine Wiedervereinigung. Oliver Dietrich
Die Puhdys am heutigen Samstag ab 16 Uhr auf dem Sportplatz am Kirchsteigfeld, Karten gibt es ab 29 Euro
Oliver Dietrich
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