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Sport: Absurdes „Tor“ mit Folgen

Zu früheren Zeiten wurde auch Weihnachten in Babelsberg und Berlin Fußball gespielt

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Zu früheren Zeiten wurde auch Weihnachten in Babelsberg und Berlin Fußball gespielt Von Peter Rosenzweig Weihnachten war in früheren Jahrzehnten auch ein Fest des Fußballs. Die Fans freuten sich auf interessante Freundschaftsspiele und spannende Punktkämpfe; mancher Aktive war weniger begeistert, wollte er sich doch an den Feiertagen lieber in der Familie erholen und entspannen. Viele Spiele waren gut besucht. Besonders herausragende Ereignisse waren die beiden Begegnungen Berlin-Ost gegen Berlin-West in den Jahren der staatlichen Spaltung am 1. Feiertag 1953 und am 2. Feiertag 1954. 1953 gewann Berlin-Ost vor über 50 000 Besuchern im Walter-Ulbricht-Stadion mit 3:2, besonders in Erinnerung geblieben ist ein spektakuläres Fallrückzieher-Tor durch den damaligen Oberschöneweider „Hadscha“ Assmy nach dem Muster des früheren italienischen Weltklasse-Mittelstürmes Silvio Piola. Ein Jahr später gab es vor 35 000 Zuschauern im Westberliner Poststadion ein 3:3 nach dreimaliger Westberliner Führung. Zu einem Ost-West-Freundschaftsspiel kamen am 1. Weihnachtsfeiertag 1951 5000 Zuschauer ins Babelsberger Karl-Liebknecht-Stadion und sahen zu, wie dem Zehnten der DDR-Oberliga, Rotation Babelsberg, durch Tore von Schöne (2), Schlüter und Schuster ein klarer 4:0-Sieg über den Fünften der Westberliner Vertragsliga, Alemannia 90, gelang. Auch Nulldrei bot früher seinen Anhängern kurzweilige Weihnachtserlebnisse, wenn auch nicht immer erfolgreiche. Am 2. Feiertag 1943 war die Elf im Punktspiel der obersten Berlin-Brandenburgischen Klasse, der Bereichsklasse, bei Tennis Borussia im Berliner Polizeistadion zu Gast, unterlag aber mit 1:3. TeBe konnte eine Mannschaft aufbieten, die gegenüber dem letzten vorweihnachtlichen Spiel auf acht Positione verstärkt war, meist durch Urlauber wie die Repräsentativen „Hanne“ Berndt, „Fritze“ Wilde oder Herbert Fischer, so dass Hinzmanns verwandelter Elfer der Ehrentreffer blieb. Ein Jahr später, in der letzten Phase des „totalen Krieges“, gab es in der Wuhlheide an der „Alten Försterei“ einen packenden Kampf zwischen Union Oberschöneweide und Nulldrei, Dritter und Vierter der Bereichsklasse, der nach einer 2:1-Halbzeitführung durch Hinzmann und Stroker 2:2 endete. Das wohl absurdeste „Tor“, dass jemals zu Weihnachten geschossen wurde, fiel am 1. Feiertag 1938 – auch an der „Alten Försterei“. Es standen sich in der Gauliga, wie die Berlin-Brandenburgische Klasse damals hieß, Union Oberschöneweide und Hertha BSC gegenüber. Seit der 14. Minute lief Union einem 1:0-Vorsprung Herthas hinterher, in der 61. Minute bot sich eine große Chance: Ein Freistoß des Union-Halbrechten „Ale“ Trotschinski aus 25 Metern sauste knapp am Tor vorbei gegen die das Netz haltende Stange und der Ball fiel seitlich zurück. Als Hertha die Lederkugel zum Abstoß bereitlegte, zeigte Schiedsrichter Manthey (Hennigsdorf) zur Mitte. Hertha protestierte fünf Minuten fassungslos gegen die Anerkennung dieses offensichtlichen Nicht-Tores – vergeblich. Der hinter dem Hertha-Kasten stehende Union-Anhang verhielt sich auffällig still, in der Folgezeit aber rief er laut und fröhlich „Tor“, auch wenn Schüsse des Union-Sturmes noch so weit am Hertha-Gehäuse vorbeigingen. Als im März 1939 Punkte und Tore zusammengezählt wurden, entschied dieses eine gegebene Nicht-Tor über die Berlin-Brandenburgische Meisterschaft– gegen Hertha!

Peter Rosenzweig

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