Homepage: Agrarforscher fordern Wertewandel
Gemeinsamer Appell der drei Leibniz-Institute
Stand:
Der Mensch ist ein Verschwender. „Wir verbrauchen jeden Tag 80-mal mehr Energie, als wir zum unmittelbaren Leben bräuchten“, sagt Reiner Brunsch. Zu viel Fleisch, Eier oder Milch – die Rechnung ist einfach: Der Mensch könnte mit 2,2 Kilowattstunden Energie am Tag durchs Leben kommen. Doch das reicht den meisten nicht, sie essen mehr. Brunsch selbst verbraucht 3,7 Kilowattstunden, das hat sich der umweltbewusste Leiter des Leibniz-Instituts für Agrartechnik in Potsdam-Bornim (ATB) ausgerechnet. „Das ist nicht umweltbewusst genug“, sagt er selbstkritisch.
In einem gemeinschaftlichen Appell haben sich die Leiter der drei agrarwissenschaftlichen Leibniz-Institute im Land Brandenburg für ein Umdenken im Umgang mit natürlichen Ressourcen ausgesprochen. Vor zahlreichen Gästen aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft formulierten die Direktoren des Bornimer ATB, des Instituts für Gemüse- und Zierpflanzenbau (IGZ) sowie des Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) ihre Forderungen. Zum 20. Gründungsjubiläum ihrer Institute ermahnten sie Landwirtschaft und Politik zu einem stärkeren Einsatz für eine nachhaltige Biomasseproduktion und gesunde Ernährung.
„Es ist dringend erforderlich, einen Wertewandel zu vollziehen“, sagte ATB-Chef Brunsch: „Die Welt funktioniert nach Naturgesetzen, aber wir bewerten das Ergebnis unseres Wirtschaftens nach rein ökonomischen Kriterien.“ Brunsch forderte ein gesellschaftliches Umdenken. Statt auf kurzfristige wirtschaftliche Erfolge solle die Landwirtschaft auf die nachhaltige Nutzung der endlichen natürlichen Ressourcen setzen. Der Mensch müsse künftig mehr Energie bereitstellen, als er zur Herstellung von Nahrung benötige. Derzeit verbrauche die Landwirtschaft noch 1,6 Kalorien, um eine Kalorie Nahrung zu erzeugen. Künftig müsste das Verhältnis umgedreht werden. Koste es was es wolle – „Geldgesetze sind nur menschgemacht“, so Brunsch.
Eckard George, Leiter des IGZ, unterstrich: Die Ernährung sei eine der drängendsten Fragen der Zukunft. Die Herausforderung bestehe darin, nicht nur mehr, sondern auch sichere und qualitativ hochwertige Lebensmittel für eine wachsende Weltbevölkerung zu erzeugen. So könnten moderne, nach ethischen Kriterien erzeugte Gemüsesorten dazu beitragen, das Risiko zu senken, an Krebs, Bluthochdruck oder Diabetes zu erkranken.
„Wir müssen miteinander kommunizieren“, schloss Hubert Wiggering, Leiter des ZALF, den Appell der Agrarforscher. „Die Agrarpolitik muss sich Nachhaltigkeitskriterien stellen.“ Statt auf Einzelstrategien müsse auch das Land Brandenburg auf ein geschlossenes Landnutzungskonzept setzen, so Wiggering. Die Forscher seien in der Pflicht, „mahnend den Finger zu heben“, sagte er.
Die drei Agrar-Institute im Leibniz-Verbund beschäftigen in Brandenburg rund 750 Mitarbeiter. Sie werden von Land und Bund gefördert. Jährlich steht ihnen ein Budget von insgesamt knapp 50 Millionen Euro zur Verfügung. In ihrer Forschung widmen sich die Wissenschaftler einer modernen, nachhaltigen Landbewirtschaftung. So werden am ATB in Bornim tiefreundliche Melkmaschinen, Sensoren zur Reifebestimmung von Früchten und auch Biomassereaktoren entwickelt. Tobias Reichelt
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: