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BUNDESWEITER BILDUNGSSTREIK: Aktionen in Potsdam Der große Wandel
Uni-Leitung lenkt beim Thema Bildungsstreik ein, Studierendendialog soll zu Veränderungen führen
Stand:
Das Streikkomitee der Uni Potsdam hat für die kommende Woche zur Beteiligung am bundesweiten Bildungsstreik aufgerufen. Kritikpunkte sind unter anderem die Umsetzung des Bologna-Papiers, das Brandenburgische Hochschulgesetz, die Rahmenordnung für die Bachelor-Master-Studiengänge sowie die Masterzulassungsordnung.
Montag: Auftakt, Alternativ-Uni, Café Eselsohr. Bildungsolympiade (Griebnitzsee), Filmabend im NIL (Neues Palais).
Dienstag: Alternativ-Uni, Café Eselsohr. Bildungsolympiade (Griebnitzsee), Rocket Radio im NIL.
Mittwoch: 11 Uhr ab Bassinplatz Demonstration, anschließend Fest auf dem Bassinplatz.
Donnerstag: Alternativ-Uni, Tag des zivilen Ungehorsams.
Freitag: Alternativ-Uni, „10 Jahre Bologna“-Proteste in Berlin.
In der Woche gibt es ein Camp am Neuen Palais, mit täglichem Plenum (20 Uhr) und Volksküche. Siehe auch www.bildungsstreikpotsdam.blogsport.dePNN
Zwischen Studierenden und Hochschulleitung der Universität Potsdam kam es gestern zu einer signifikanten Annäherung. In der Senatssitzung war über den geplanten Bildungsstreik gesprochen worden. Die Reaktion der Hochschulleitung hat das Streikkomitee überrascht. „Uns wurde versprochen, dass flexibel mit den Bildungsaktionen umgegangen wird“, sagt Claudia Fortunato vom Streikkkomitee. In der vergangenen Woche hatte die Uni-Leitung noch Unnachgiebigkeit demonstriert. „Das ist nun ein sehr großer Wandel“, sagt Claudia Fortunato. Die Präsidentin der Universität, Sabine Kunst, betonte nun ihr Verständnis dafür, dass Studierende ihre unbefriedigende Studiensituation kommunizieren wollen.
„Es ist sehr wichtig, dass Studierende auf die prekäre Studiensituation hinweisen“, sagte Kunst. Deshalb gebe es an der Universität eine große Sympathie für die Studierenden und den Streik. Zwar könne der Lehrbetrieb nicht ausgesetzt werden, dennoch hätten Hochschullehrer ein Verständnis dafür, wenn gestreikt werde. Jeder einzelne habe zudem die Verantwortung, dass es nicht zu einer Einschränkung der Leistungsanforderung komme, betonte Kunst. „Natürlich werden keine Ferien eingeräumt“, sagte sie. Für die Studentin Fortunato, die auch Mitglied der grünen überparteilichen liste (gül) ist, ist der Sinneswandel der Hochschulleitung ein Erfolg.
Überrascht war die Studentin auch über die Offenheit der Uni-Leitung zu den Studierendendialogen, die in den vergangenen Wochen an den drei Uni-Standorten geführt wurden. Die Hochschulleitung hätte sich sogar Gedanken gemacht, warum die Beteiligung an den Gesprächen so gering war, sagte Fortunato. „Dabei hätte ich erwartet, dass sie den Dialog nur über alle Maßen loben würden“, sagte Fortunato, die im AStA zuständig für ausländische Studierende ist. Das sei ein großer Schritt, denn während den Veranstaltungen hätten sich manche Studierende nicht ernst genommen gefühlt, so die Germanistik-Studentin. „Wir haben uns immer gefragt, was nimmt die Uni eigentlich von uns mit“, sagte sie.
Eine deutliche Antwort auf diese Frage gibt die Präsidentin: „Wir haben viel von der Veranstaltung gelernt“, sagte sie den PNN. Vor allem konnte Kunst genau erfahren, wo den Studierenden im Alltag der Schuh drückt. Dass Studierende ihre drängenden Probleme bei den Veranstaltungen offenbarten, habe die Präsidentin besonders gefreut. Die Studierbarkeit des Bachelor-Studiengangs sorgte an allen Standorten für Diskussionsbedarf, dennoch gab es an einzelnen Orten besonders akute Probleme, die angesprochen wurden.
So wurde der Platzmangel im Dialog am Neuen Palais sehr stark thematisiert. Die Verbitterung und den Leidensdruck der Studierenden bekam die Präsidentin deutlich zu spüren. „Hier wissen viele Studierende nicht mehr, wie sie damit umgehen sollen“, sagte Kunst. Deshalb sind auch mehrere Schritte zu einer Veränderung der Umstände geplant. Eine Maßnahme ist die Einrichtung eines Informations-Systems zur Optimierung der Raumauslastung. Außerdem gebe es noch viele Möglichkeiten, Stundentakte und Übergangszeiten besser anzupassen, so Kunst.
Am Standort Griebnitzsee gingen die Debatten in eine andere Richtung. Dort sei besonders bemängelt worden, dass die Fächer im Vergleich zu große Unterschiede in der Bewertung von Leistungen aufweisen würden, so Kunst. Gerade so ein Austausch helfe der Universitätsleitung, sich darauf einzustellen, wo noch nachgearbeitet werden müsse. „Es war ein sehr konstruktiver Dialog“, betonte Kunst. Diese Themen würden allerdings jetzt an allen deutschen Universitäten diskutiert, denn jeder stehe vor den Problemen, wie man mit den neuen Studiengängen umgehen solle. „Bei dem Streik können die Studierenden diese Situation vermitteln“, sagte Kunst.
Die Studentin Fortunato hat indes hohe Erwartungen an die streikenden Studierenden. Sie hofft auf mindestens 1000 Teilnehmer bei der Demonstration am Mittwoch. „Die Politik muss so einen Streik einfach beachten“, sagte sie. Außerdem könnten Studierende und Schüler sich dadurch enger vernetzen, und gemeinsam ihre Interessen artikulieren, so die Studentin.
Susanna Maier
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