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Zu DDR-Zeiten noch rekonstruiert. Dem Haus Dietz in der Potsdamer Kurfürstenstraße droht der baldige Abriss.

© Manfred Thomas

Landeshauptstadt: Akute Abriss-Gefahr für das Haus Dietz

Bauamt bearbeitet Bauantrag der Investoren für mehrgeschossigen Wohnriegel in der Kurfürstenstraße

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Innenstadt - Der drohende Abriss des Hauses Dietz in der Kurfürstenstraße 24/25 löste 2011 eine heftig geführte Architekturdebatte in Potsdam aus. Eine Bürgerinitiative sammelte 1300 Unterschriften und protestierte damit gegen den Abriss des Bauhaus-Replikats – offenbar vergeblich: Die Berliner Natulis Group AG, Erwerber des Grundstücks, hat bei der Stadt einen Bauantrag gestellt, bestätigte Stadtsprecherin Regina Thielemann auf PNN-Anfrage. „Der Bauantrag beinhaltet auch den Abriss“, so die Sprecherin. Anstelle des Hauses Dietz, einem der wenigen Zeugnisse Neuen Bauens in Potsdam, soll ein mehrgeschossiger Wohnriegel mit einer Nutzfläche von 3000 Quadratmeter entstehen. Natulis-Mitarbeiter Frank Strehlow erklärte den PNN, es gebe für Abriss und Neubau noch „keine verbindliche Zeitschiene“. Strehlow: „Wir warten auf die Baugenehmigung.“

Das Haus Dietz, benannt nach dem Architekten und Bauherren Heinrich Laurenz Dietz (1888-1942), war 1928 in ähnlichem Baustil wie die Nachbarvilla, die Gymnastikschule Ullrich des Architekten Emil Schuster, errichtet worden. Während die Gymnastikschule unter Denkmalschutz steht, verweigern die Denkmalschutzbehörden dem Haus Dietz den Schutzstatus, da das Haus in den 1980-er Jahren abgetragen und neu aufgebaut worden war. Schon allein diesen Umstand sieht Abrissgegner Markus Wicke, der Vorsitzende des Fördervereines für das Potsdam-Museum, als hinreichenden Grund für den Erhalt an. „Es passierte sehr selten, dass ein Haus der klassischen Moderne zu DDR-Zeiten wieder aufgebaut wurde“, erklärte Wicke gestern den PNN.

Zusammen mit Thomas Sander, dem Vorsitzenden des Vereins ArchitraV, hatte Wicke 2011 eine Online-Petition „Rettet Haus Dietz“ gestartet, die auf große Resonanz stieß. 1300 Unterzeichner sprachen sich gegen den Abriss aus. Scharfe Kritik an die Adresse des Potsdamer Bauamtes richtete auch die Brandenburgische Architektenkammer, die sich für den Erhalt des Architekturerbes der klassischen Moderne einsetzt. Die Kammer kritisierte die Genehmigung eines überdimensionierten fünfgeschossigen Wohnhauses in der Leiblstraße, welches den Wohnwert des Hauses Dietz senkte und den Besitzer zum Verkauf seines Hauses trieb. Der Bau in der Leiblstraße sei der Kammer zufolge „mindestens genauso schwer zu begreifen“ wie die Erteilung einer Abrissgenehmigung für das Haus Dietz. Die Kammer: „Es ist nicht nur eine Frage der Denkmalpflege, sondern der Haltung zur Stadtgestaltung, eine unsägliche Entwicklung an einem Ort aufzuhalten – oder gar nicht erst zuzulassen – wo es nicht allein nur um die Verwertungsbedingungen des Bodens gehen kann.“

Klar positionierte sich auch der Gestaltungsrat. „Sie sind dabei, eine Bausünde zu organisieren“, erklärte Christian Rapp. Gleichwohl kam Martin Reichert, wie Rapp Mitglied des Gestaltungsrates, nicht umhin, die vom Architekturbüro Kny & Weber vorgenommen Verbesserungen an ihrem Neubau-Entwurf zu loben.

Die Stadtverordnete Saskia Hüneke (Bündnisgrüne) äußerte sich gestern „traurig und entsetzt“ über den drohenden Abriss des Hauses Dietz. Sie drückte ihre Erwartung aus, dass einer Baugenehmigung ein von den Stadtverordneten beschlossenes Gutachten über die in dem Areal vorherrschenden extremen Grundwasserverhältnisse zugrunde liegt.

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