Tag der offenen Tür im Wasserwerk Potsdam: Alle Mann an die Pumpen
Wo kommt das Wasser her und was genau ist drin? Beim Tag der offenen Tür im Potsdamer Werk in der Leipziger Straße war das zu erforschen.
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Potsdam - Matteo hat Kraft. Wieder und wieder zieht er den Pumpenschwengel hoch, bis das Plastikeimerchen fast überläuft. Dann wuchtet er es herunter und gießt alles auf das Wasserrad, weiter geht es über diverse Rinnen, Brunnen und Umwege, bis es von einem Drachenkopf ausgespien wird. Zu Hause kommt das Wasser aus einem Hahn, sagt der Dreijährige, das sei natürlich einfacher. Aber so eine Pumpe macht mehr Spaß. Der Wasserspielplatz ist ein Highlight am Tag der offenen Tür des Wasserwerks in der Leipziger Straße am vergangenen Samstag. Der in diesem Jahr an einen Jahrestag erinnert: Vor 140 Jahren wurden die ersten Häuser in Potsdam an eine Wasserleitung angeschlossen. Bis dahin hatte man sich – wie es Matteo ausprobiert – an öffentlichen Pumpen und Brunnen bedienen müssen. 300 gab es im Stadtgebiet.
Als die Stadt wuchs, reichte das Wasserwerk unterhalb des Brauhausberg nicht mehr. Inzwischen sind es fünf. 1896 übernahmen die Wasserwerke auch die Entsorgung. „Man stellte fest, dass man nicht nur liefern konnte sondern sich auch um das Abwasser kümmern musste“, sagt Karsten Zühlke, Leiter Wassermanagement, bei einer Führung über das Gelände. „Das war ein wichtiger Schritt: Vorher landeten Abwasser und Fäkalien meist im Stadtkanal oder der Havel.“
Brunnen sind elektrisch gesichert
Sauber zeigt sich das Geschäft mit dem Wasser heute. Das Werk in der Leipziger-Straße versorgt 45000 Menschen von Caputh bis Babelsberg. Den Kreislauf, den das Grundwasser nimmt, kann man sich genau anschauen. Viele Besucher nutzen die Chance, zu sehen, was sonst hinter verschlossenen Türen passiert. Oder hinter verschlossenen Deckeln. 25 Meter tief ist der Brunnen, in den man schauen darf. Und der doppelt gesichert ist: Ein elektrischer Deckelmelder schlägt Alarm, sobald jemand daran hantiert. Das Sicherheitssystem wurde nach den Anschlägen 9/11 eingerichtet, erklärt der Mitarbeiter. „Was passiert, wenn man hier Gift reinkippt, das muss ich Ihnen ja nicht sagen.“
In der Filterhalle ist es frisch. Hier wird in riesigen Behältern das Wasser durch diverse Filter gepresst, Eisen und Mangan ausgewaschen, anschließend das Wasser mit Sauerstoff angereichert. Dann erst wird es vom Pumpenhaus ins Leitungsnetz geschickt. Anfangs wurden diese Pumpen noch mit einer Dampfmaschine angetrieben, ein riesiger Aufwand.
Es werden noch Auszubildende gesucht
Am Samstag gibt es neben dem modernen Betrieb auch eine kleine historische Ausstellung zu besichtigen, darunter Fundstücke wie gusseiserne Wasserrohre aus dem 18. Jahrhundert, die man unter der alten Auffahrt zum Stadtschloss gefunden hatte. Die zeigen, dass man viel früher als angenommen Wasserleitungen verlegen konnte. Gleich daneben zeigt ein Brunnenbauer, wie man heute Brunnen und Leitungen anlegt, ein beeindruckender Bohrkopf, der waagerechte Tunnel fräsen kann, ist ausgestellt. Und auf dem Monitor des modernen Kamerafahrzeugs kann man direkt in die Wasserleitung schauen – wie eine Gastroskopie der Unterwelt.
Die Arbeit bei den Wasserwerken ist vielseitig, sagt Pressesprecher Stefan Klotz. Schon in der Ausbildung durchläuft man alle Bereiche und muss später überall einsatzfähig sein. Trotzdem werden noch drei künftige Fachangestellte für Bäderbetriebe und zwei Anlagenmechaniker gesucht. Letztere kümmern sich vorrangig um die Wartung und Reparatur der technischen Anlagen, sei es im Werk, auf der Straße, im Wasserschutzgebiet. „Ein bisschen Mathe und Physik sollte man können“, sagt Torsten Möller, Leiter Wasserwerke und Kläranlagen. Und man dürfe nicht zu empfindlich sein. „Üble Verzopfungen zu beseitigen, das ist nicht jedermanns Sache.“ Gemeint sind dicke, lange Verwicklungen aus Haaren, Fließ, Lappen, Feuchttüchern – alles was eben nicht ins Klo gehört, die Leute aber immer wieder reinwerfen. „Das kann eine Pumpe lahm legen“, sagt Möller. Und so ist es eben doch ein Männerberuf geblieben, nur wenige Quotenfrauen wie die Leiterin der Kläranlagen und eine Maschinistin im Wasserwerk Rehbrücke gibt es.
Kostenlose Wasseruntersuchung
Die Branche ist zukunftssicher. Das Wasserwerk in der Leipziger Straße wird demnächst mehr Menschen versorgen müssen, die Stadt wächst. In der Halle, in der nach der Wende Filteranagen abgebaut wurden, weil der Bedarf zurückgegangen war, wird deshalb eine neue Anlage gebaut. In etwa zwei Jahren soll es losgehen, zwei bis drei Millionen Euro wollen die Stadtwerke investieren.
Die geschätzt 4000 Besucher am Samstag interessieren sich aber nicht nur für das Wasser aus den städtischen Betrieben. Sehr gut nachgefragt ist das Angebot eines Labors, mitgebrachtes Wasser kostenlos untersuchen zu lassen. In der Regel geben die Potsdamer hier Proben von Brunnenwasser aus dem Garten, ab. „Es scheint sauber, aber man will doch mal wissen, was denn nun wirklich drin ist“, sagt ein Besucher.
Das Potsdamer Leitungswasser zumindest ist sehr gut, sagt Möller. Wer genaue Angaben zu seiner Straße will, kann sie auf der Internetseite der Stadtwerke finden. Was man alles damit machen kann, probieren vor allem Kinder am Samstag aus, zu Beispiel im Experimentierzelt des Exploratoriums. Dass es schmeckt, zeigen die Barkeeper an der Trinkwasser-Cocktailbar. Der zweijährige Ole darf einen Mango-Maniac probieren. Sein erster Cocktail. Natürlich alkoholfrei.
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