Protest: Allee der Baumstümpfe
An der Bundesstraße 273 sollen 113 Alleebäume gefällt werden – weil sie laut Gutachten umzufallen drohen.
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Mit Protesten von Baumschützern und Anwohnern wird bereits gerechnet: An der Bundesstraße 273 zwischen Bornim und Neumanns Erntegarten sollen im kommenden Februar 113 Alleebäume gefällt werden, die teilweise bis zu 100 Jahre alt sind. Das kündigten die Stadtverwaltung und der Landesbetrieb Straßenwesen am Donnerstag vor Journalisten bei einem Vor-Ort-Termin an. Demnach müssen die Straßenlinden abgeholzt werden, weil sie mittlerweile so krank sind, dass sie umzufallen drohen und so ein Risiko für den Straßenverkehr darstellen.
Denn laut Ingo Lembcke von der Unteren Naturschutzbehörde sind die ohnehin vom Autoverkehr auf der Straße stark belasteten Bäume vom Bandkrustenpilz befallen. „Dieser Pilz löst die Wurzeln von innen auf“, sagte Lembcke. Dadurch verlieren die Bäume aber ihre Standsicherheit. Ein Gegenmittel gebe es nicht, nur vitale Bäume könnten dem Pilz widerstehen, erklärte Lembcke. Von außen sei die vom Pilz verursachte Moderfäule dagegen kaum wahrnehmbar, hieß es.
Zudem sind laut Frank Schmidt vom Landesbetrieb Straßenwesen alle Versuche gescheitert, die Bäume doch noch zu retten. Insgesamt seien in den vergangenen drei Jahren rund 33 000 Euro für die Pflege der Linden investiert worden. Unter anderem wurden die Kronen beschnitten, damit die Bäume sicherer stehen. „Viele Linden hier sind nur noch Baumruinen“, sagte Lembcke und zeigte auf die Linden, von denen viele arg zurechtgestutzt aussehen. Ein Gutachter habe schließlich empfohlen, alle Bäume zu fällen und stattdessen neue zu pflanzen. Laut Schmidt hat der Landesbetrieb dafür bereits 100 000 Euro eingeplant: Um den Charakter der Allee zu erhalten, sollen zwei Monate nach der Fällaktion 130 neue Linden aufgestellt werden. Dazu ist geplant, die Erde vor Ort komplett auszutauschen, damit der Pilz nicht auch die neuen Bäume befallen kann. Zudem werden die Linden einen Meter von der Straße entfernt angepflanzt. An den Rändern der Fahrbahn sollen neue Schutzleitplanken aufgestellt werden.
Mehrfach betonten die Verantwortlichen am Donnerstag, dass alle Maßnahmen mit den Naturschutzverbänden in der Stadt abgestimmt seien, anfängliche Bedenken hätten ausgeräumt werden können. Rüdiger Knörsche vom Potsdamer Naturschutzbeirat sagte, in diesem Fall gehe die Sicherheit vor. Umweltbeigeordnete Elona Müller-Preinesberger (parteilos) sagte, mit der Neupflanzung würden auch bereits vorhandene Lücken im Baumbestand an der Straße geschlossen. Denn wegen des Pilzes hätten bereits in den vergangenen Jahren jeweils zwei, drei Bäume gefällt werden müssen. „Das ist eine Investition in die Zukunft, welche das Eingangstor der Landeshauptstadt jahrzehntelang prägen wird“, sagte Müller-Preinesberger.
Doch klar ist: Eine Fällaktion in einem solchen Ausmaß wird mindestens für Gesprächsstoff sorgen. Deswegen wolle man frühzeitig selbst an die Öffentlichkeit gehen und über die Hintergründe der Maßnahme informieren, sagte Stadtsprecher Jan Brunzlow. Baumfällungen haben in Potsdam regelmäßig zu Streit und auch Protesten von Anwohnern geführt. Erst im Oktober hatten Fällungen in der Berliner Straße, an der Konrad-Wolff-Allee und in der Nedlitzer Straße die Gemüter erregt. Naturschutzverbände hatten sich beschwert, nicht zu den Fällabsichten gehört worden zu sein, obwohl dies laut Landesnaturschutzgesetz notwendig gewesen wäre. Ähnlich war es Ende Februar, als mehrere Hundert Bäume an der Humboldtbrücke abgeholzt wurden.
Für Transparenz in Sachen Baumschutz hat die Stadtverwaltung inzwischen im Internet gesorgt – auf ihrem Bürgerportal zum Thema Umwelt und Natur in Potsdam findet sich unter der Adresse www.potsdam.de/umwelt-klima-abfall eine Übersicht zu aktuellen Baumfällungen in Potsdam. Allerdings ist die Liste nicht einfach zu finden: Erst muss der Nutzer auf den Bereich „Umwelt-News“ klicken und dann noch einen weiteren, etwas unscheinbar geratenen Unterpunkt öffnen. Stadtsprecher Brunzlow sagte, es könne aber auch ohne vorherige Information gefällt werden – wenn Gefahr im Verzug sei und ein Baum umzustürzen drohe.
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