ATLAS: Allein gelassen
Potsdam, das ist umkämpftes Terrain. Wem gehört diese Stadt?
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Potsdam, das ist umkämpftes Terrain. Wem gehört diese Stadt? Wer prägt sie? Wer setzt seine Interessen durch? Wer entscheidet, wie hoch der Preis der Allgemeinheit sein darf für zurückgewonnenes Welterbe, wiedererlangte historische Stadtstrukturen? Immer wieder erschüttern Debatten, Konflikte darum die Landeshauptstadt. Biespielegibt es zuhauf. Garnisonkirche, Hotel Mercure und Lustgarten, Uferweg am Griebnitzsee, das neue Schwimmbad, über dessen Standort schließlich die Bürger per Befragung entschieden, weil die Politk sich nicht in Gefahr bringen wollte, Norden oder Süden der Stadt zu bevorzugen.
Dies also ist die Kulisse, vor der die Schlösserstiftung mit ihrem Generaldirektor Hartmut Dorgerloh an der Spitze entschieden hat, dass Springer-Chef Mathias Döpfner den öffentlichen Garten der Villa Henckel am Pfingstberg teilweise privat nutzen darf, weil er diesen und die verfallene Villa Schlieffen mit seinem Geld saniert.
Natürlich ist das kein schlechtes Geschäft, für alle Beteiligten. Auch für Potsdams Allgemeinheit nicht. Doch zu diesem Schluss muss die Stadt, müssen die Bürger und ihre gewählten Vertreter in der Stadtverordnetenversammlung selbst kommen dürfen. Wege dahin gibt es viele. Maßgeblich ist nur, dass sie geradlinig beschritten werden. Davon kann im Fall der Pfingstberg-Villen nicht die Rede sein. Bis zuletzt versuchte die Schlösserstiftung, sich nicht in die Karten schauen zu lassen. Noch am Donnerstag verbreitete sie in einer Presserklärung, dass der Henckel-Park wochentags geöffnet sein werde. Dass das im Gegenzug bedeutet, dass der Park an den Wochenenden für die Öffentlichkeit gesperrt ist – darauf fehlt jeder Hinweis. Warum? Wer eine solche Vereinbarung trifft, der muss sie offensiv vertreten. Der darf nicht versuchen, die Öffentlichkeit für dumm zu verkaufen.
Der Schaden, den die völlig unnötige Eskalation am Pfingstberg bereits verursacht hat, ist groß. Es bleibt ein Bild: Wer in Potsdam zum Wohl der Allgemeinheit eigenes Geld in die Hand nimmt, wird angreifbar, muss mit allem rechnen. Das ist schon Mäzen Hasso Plattner mit seinen ursprünglichen Plänen für eine Kunsthalle am Standort des Hotels Mercure so ergangen. Ursächlich in bisher allen Fällen ist jedoch nicht mangelndes Gespür jener, die sich einbringen. Auch nicht überbordenes Misstrauen der Potsdamer Bürgerschaft. Es sind die Verantwortlichen in Land, Stadt und der Schlösserstiftung, die die privaten Geldgeber für ihre Interessen einspannen, sie dann aber – den Konflikten ausweichend – allein lassen.
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