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Landeshauptstadt: Allein unter Löwen

Der „Circus Krone“ feierte gestern seine bunte Premiere, doch viele der 5000 Sitzplätze blieben leer

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Der „Circus Krone“ feierte gestern seine bunte Premiere, doch viele der 5000 Sitzplätze blieben leer Von Henri Kramer Sieben Löwinnen knurren. Martin Lacey jr. schwitzt, er wischt sich das salzige Wasser aus den Augen. Er knallt mit seiner Peitsche auf den Boden und geht aufreizend lässig an der Reihe der Raubtiere vorbei. Sie stellen sich wie auf Kommando auf ihre Hinterbeine auf, schwingen mit ihren Krallen durch die Luft, brüllen ihren Dompteur an. Atemlos schauen die Kinder dem gefährlich aussehenden Treiben hinter dem runden Gittergehege zu. „Hoffentlich wird er nicht gebissen“, sagt ein kleiner Junge mit Brille. An diesem Mittwochnachmittag feiert der „Circus Krone“ in Potsdam Premiere. Drei Tage haben die Vorbereitungen gedauert, dem nach eigenen Angaben „größten Zirkus Europas“ am ehemaligen Buga-Gelände ein Quartier zu geben. „Der Zirkus ist das letzte Liveabenteuer der heutigen Zeit“, sagt „Krone“-Sprecherin Susanne Matzenau. Doch allzu viele Zuschauer sind bei der Premiere noch nicht zugegen, mehr als die Hälfte der 5000 Zuschauerplätze bleiben leer. „Schuld ist bestimmt das schöne Wetter“, sagt Matzenau. Sie hofft auf das Wochenende und zieht die Erfahrungen in anderen Städten zu Hilfe: „Bei unserer vorletzten Station in Stendal kamen insgesamt 38 000 Leute.“ Derweil konzentriert sich Marin Lacey jr. darauf, wie die Löwen um ihn herum von Trapez zu Trapez springen und ihn dabei immer wieder anfauchen. „Die Show ist extra so dramatisch aufgebaut, wir möchten den Gästen Nervenkitzel bieten“, sagt Matzenau. Ähnlich ist es bei den beiden Elefantennummern. Erst lässt Jana Mandana drei der riesigen Tiere eine Art Ballett tanzen, sie selbst läuft grazil zwischen ihnen herum und ruft fordernde Kommandos. Danach betritt der „größte Elefantenbulle der Welt“ namens Colonel Joe mit seinen Dompteurspaar Clara und James Puydebois die Manege. Die Frau räkelt sich unter ihm, der Elefant legt sich auf seine Hinterbeine und kommt ihr auf seinen ausgestreckten Vorderbeinen immer näher. Im letzten Moment rollt sich Clara Puydebois zur Seite und klettert auf die 1,50 Meter langen weißen Stoßzähne. Sie lächelt, lässt sich und ihr Tier vom Publikum feiern. Es folgen Lamas, Kamele, Zebras, Pferde, die Lichter funkeln, die Musik spielt im flotten Takt. Diese Art von Zirkus ist nicht jedermanns Geschmack. Tierschützer wie der Bund gegen den Missbrauch der Tiere e.V. haben ein generelles Problem mit der Zirkushaltung von Tieren: Die Dressur, die ständige Reiserei, die unnatürliche Umgebung der Manege, all dies sei im Prinzip Tierquälerei. Tierschützer verweisen deswegen auf Zirkusarten, die ohne Tiere auskommen. Für die Macher des „Circus Krone“ ist das undenkbar: „Ohne die Tiere wäre der Circus Krone nie hundert Jahre alt geworden“, sagt Susanne Matzenau. In jeder Stadt würden die Besucher als erstes fragen, ob es auch Raubtiere zu sehen gäbe. „Natürlich gibt es Marktnischen für einen Zirkus, doch die klassische Art mit Tieren, Clowns und Artisten ist am beliebtesten.“ Die Besucher an diesem Nachmittag scheinen der Pressesprecherin recht zu geben, gebannt schauen sie der Vorstellung zu und atmen den Geruch von Sägemehl. Es sind auffallend viele Rollstuhlfahrer dabei, auch Kinder aus Kinderheimen: 500 kostenlose Tickets hat der Zirkus im Vorfeld über den Sozialbereich der Stadt verteilen lassen. „Das machen wir in jedem Ort so, in dem wir auftreten“, sagt Matzenau. Der Zirkus sei bekannt als das Theater des kleinen Mannes, also müssten auch ärmere Menschen die Show genießen können. Das tun die Gäste. „Ahhs“ und „Ohhs“, als der weiße Löwe „King Tonga“ zusammen mit seinem Dompteur kuschelt. Aber auch, als gleich zu Beginn der Show der im Guinessbuch stehende schnellste Jongleur der Welt mit beseeltem Gesichtsausdruck fast in der Luft verschwimmen lässt. Applaus.

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