Links und rechts der Langen Brücke: Alles auf Anfang
Peter Tiede über eine nötige Korrektur im Dauerstreit um den Synagogenbau
Stand:
Man kann sich ja kaum dagegen wehren: Beim Streit innerhalb der jüdischen Gemeinschaft um den Synagogenbau in Potsdam kommt sie, die Erinnerung an Monty Pythons legendäre Kinokomödie „Das Leben des Brian“: die aufs Abstruseste rivalisierenden antirömischen Befreiungstrupps von der „Volksfront von Judäa“ und von der „Judäischen Volksfront“. Beide wollen das Gleiche (die Römer loswerden), sind aber doch nur geeint in der Unfähigkeit, sich über das Wie zu einigen.
Nur: In Potsdam fehlt der Witz.
Und in Potsdam streiten sich nicht zwei, hier sind es vier Gruppierungen. Wobei die orthodoxen Juden von Anfang an abgewunken haben. Aber es reicht ja auch, wenn sich dann zwei nicht einig werden: Die Jüdische Gemeinde und der ihr nahe stehende Bauverein auf der einen Seite, die Synagogen-Gemeinde um Ud Joffe und der Förderverein für eine würdige Synagoge auf der anderen. Es könnte Stadt und Land egal sein, dass sie sich nicht einigen können über Ausstattung und Funktionalität der Synagoge. Doch in Potsdam stehen beide mittendrin. Vor allem das Land, von dem die zerstrittene jüdische Gemeinschaft Schlichtung will und dem sie Vorwürfe macht.
Dabei kann dem Land und der Stadt Potsdam sowie anderen Akteuren zu Recht der Vorwurf gemacht werden, dass sie zu viel des Guten wollten und dass sie es schlecht vorbereitet hatten, als sie vor drei Jahren Grundstück und Planung spendierten und selbst zum Akteur wurden. Denn dabei wurde verdrängt, dass sich Potsdams und Brandenburgs organisierte Juden eben nur über das Ziel (Synagoge), aber eben nicht über das Wie im Klaren waren. Und das Land hat – wie schon bei der grundsätzlichen Finanzierung der jüdischen Gemeinschaften in Brandenburg aus der Landeskasse – im Wesentlichen nur mit einem Teil der jüdischen Gemeinschaft verhandelt. Auch das ein Fehler. Wobei festzuhalten bleibt: Die Spaltung war schon da, die Spannungen wurden nur öffentlich.
Wie groß war da vor drei Wochen die Erleichterung, als es hieß, eine Lösung im Synagogenstreit sei in Sicht. Dass der Friede nur um den Preis eines weiteren städtischen Grundstücks zu haben wäre, nachdem die öffentliche Hand schon den Synagogengrund in der Schloßstraße 1 spendiert hatte und Hunderttausende Euro aus Steuergeldern in Planungs- und Architektenleistungen investiert hatte: um des Friedens willen machbar.
Doch nun ist klar, dass es eine Befriedung nicht gibt. Mehr noch: Nun wird der Regierungschef in die Verantwortung gedrängt. Und das geht zu weit. Denn wer, bitteschön, soll der nächste Schlichter sein, wenn auch dieser aufgerieben ist? Hier hilft nur die Notbremse: Das Land muss das tun, was es von Anbeginn hätte tun sollen: sich im Wesentlichen raushalten. Das Grundstück wird freigehalten und die finanziellen Zusagen aufrecht erhalten. Aber einigen müssen sich die beiden an einem Synagogenbau interessierten jüdischen Gemeinden allein.
Und wenn das Jahre dauert.
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: