Landeshauptstadt: Alles Gute für Dusty Hill
Potsdams Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen über die Kosten für das Stadtwerke-Festival, die Band-Auswahl und die Preise seines Unternehmens
Stand:
Herr Paffhausen, jedes Jahr gibt es vor dem Stadtwerke-Festival dieselbe Diskussion. Kernfrage dabei: Warum müssen die Stadtwerke Geld für ein Festival ausgeben?
Wichtig ist uns, dass die Potsdamer das Festival inzwischen als das Potsdamer Stadtfest sehen. Das zeigen die siebzigtausend Besucher des letzten Jahres. Potsdam braucht ein solches Fest, auf dem erstrangig mit der Stadt und ihren Bürgern gefeiert wird, wo die anderen großen Potsdamer Themen, die Landeshauptstadt und das Weltkulturerbe, das die Touristen herzieht, in den Hintergrund treten. Die Stadt ist mehr als eine Ansammlung von Baudenkmälern; hier leben und arbeiten einhundertfünfzigtausend Menschen. Und an diesem Wochenende feiern die ihr Stadtfest und zwar kostenlos, damit es sich jeder mit Kind und Kegel auch leisten kann. Es gibt jedes Jahr einige wenige Leute, die die Notwendigkeit des Stadtfestes in Frage stellen und dabei mit den Kosten argumentieren. In diesem Jahr waren es zwei. Ansonsten ist das Fest bei unseren Aufsichtsräten und eigentlich allen Politikern unumstritten. Ja, wir wollen auf diesem Wege auch mit unseren Kunden direkt in Kontakt treten. Das nennt man neudeutsch Eventmarketing. Dass dabei Kosten entstehen, ist überhaupt gar keine Frage.
Wenn es zum Fest einen so großen Konsens gibt, warum wird dann nicht offen über die Kosten gesprochen?
Aus psychologischen Gründen. Die jeweiligen Anteile, mit denen sich EWP, Step und ViP am Fest beteiligen, möchte ich nicht nennen. Jeder beurteilt durchaus unterschiedlich, ob 50 Euro für ihn viel oder wenig Geld sind.
Die Potsdamer FDP will eine Offenlegung der Kosten. Sie argumentiert, die Stadtwerke als Monopolist bräuchten kein Fest speziell zur Kundenbindung, denn der Kunde habe ohnehin meist keine Wahl.
Wir sind bei weitem kein Monopolist beim Strom und Gas. Da herrscht Wettbewerb. Wir haben bisher nur deutlich unter zehn Prozent der Kunden verloren, aber es tut sich etwas im Markt. Also müssen wir sehr wohl was tun. Wir sind tatsächlich alleiniger Anbieter bei der öffentlichen Straßenreinigung, bei der Müllabfuhr und bei Wasserver- und Abwasserentsorgung. Bei der Fernwärme haben wir Vorranggebiete, insbesondere aus ökologischen Gründen. Ebenfalls kein Monopol haben wir bei der gewerblichen Müllabfuhr, bei gewerblicher Straßenreinigung und beim Winterdienst. Selbst im Badbereich gibt es inzwischen für Teilbereiche neue Anbieter wie zum Beispiel Schwimmschulen, Hotelbäder, Aquagymnastik. Wir müssen den Potsdamern sagen: Wir sind hier in Potsdam direkt Euer Ansprechpartner, vor Ort erreichbar, rund um die Uhr und tun zudem viel für die Lebensqualität in der Stadt. Wir fördern dieses Wir-Gefühl durch ein großes Fest.
Wie groß ist der Werbeetat der Stadtwerke-Unternehmen?
Unser Werbebudget liegt bei unter einem Prozent vom Umsatz. Der globale Durchschnitt liegt aber bei fünf Prozent, bei Markenturnschuhen sollen es 30 Prozent und bei Hollywood-Filmen gar bis zu 50 Prozent sein. Neben Kundenzeitschrift, Internet, PTV-Magazin und Kalender ist das Festival unsere wichtigste Kommunikationsplattform. Würde es das nicht geben, müssten wir uns andere Werbeformen überlegen. Die sind aber nicht billiger.
Im politischen Raum gibt es Forderungen, das Werbebudget zu reduzieren und dafür die zu Preise senken. Schließlich standen die Stadtwerke in den zuletzt veröffentlichten Preisrankings einige Male ganz oben.
An den vorgenannten Bemerkungen sehen Sie, dass der Einfluss des Werbebudgets auf die Preishöhe relativ gering ist. Es gibt sehr unterschiedliche Rankings aus unterschiedlichen Quellen für unterschiedliche Leistungen. An vielen Stellen – gerade da, wo wir Alleinanbieter sind – werden die Preise und Gebühren nach bestimmten Regularien bestimmt, auf die wir selbst wenig Einfluss nehmen können, an die wir uns nichtsdestotrotz aber halten müssen. Da spielen viele technische Bedingungen mit hinein, die hier in Potsdam anders sind als in vergleichbaren Städten. Dort wo es Wettbewerb gibt, da sehen wir, wie wir uns im Spannungsfeld zwischen Kostennotwendigkeiten und Wettbewerbspreisen bewegen können. Selbst Gewinne werden – dort wo sie ansetzbar sind – im zulässigen Rahmen kalkuliert. Genehmigungsbehörden, das Kartellamt und der Aufsichtsrat beobachten dies streng. Und letztlich kommen diese zu 65 Prozent der Landeshauptstadt Potsdam, also den Potsdamer Bürgern zu Gute.
Sehen Sie denn Bedarf, in bestimmten Segmenten die Preise zu reduzieren?
Wir würfeln die Preise nicht. Ich stell“ mich nicht hier ans Fenster mit meinem Hut und rufe, wo ist die Kohle, schmeißt “mal ein bisschen was rein! Dort wo wir es können, bemühen wir uns um Kostensenkung, zum Beispiel im Rahmen unserer local-Angebote. Aber unter den Bedingungen, dass unsere Einkaufspreise für Gas, aus dem Strom und Fernwärme produziert werden, zum Beispiel in den letzten Jahren dramatisch gestiegen sind, ist dies nicht einfach wegzustecken. 40 Prozent der Kosten beim Strom sind Steuern und Abgaben, die können wir gar nicht beeinflussen. Und der Energiehunger in der Welt steigt. Wer von Wettbewerb spricht, muss auch Angebot und Nachfrage akzeptieren. Wer von Umweltschutz spricht, muss auch akzeptieren, dass ein neues umweltschonendes Kraftwerk abgeschrieben werden muss. Letztlich bezahlt der Potsdamer mit einem Durchschnittsverbrauch von 1800 kWh Strom dafür 1,16 Euro pro Tag. Sind das wirklich Horrorpreise oder ist das für 75 Prozent CO2-Reduzierung in Potsdam nicht ein fairer Preis?
Können Sie die öffentliche Diskussion über die Preise nachvollziehen?
Natürlich, es geht ja letztlich darum, was jeder in der Tasche hat. Was häufig falsch gesehen wird: Es gibt Erlöse und Kosten. Wir gehen nicht einseitig den Weg, die Erlöse zu erhöhen. Selbstverständlich senken wir auch die Kosten dort, wo wir Möglichkeiten sehen. Aber ich wehre mich ganz entschieden dagegen, dass man als erste Maßnahme immer gleich Leute rauszuschmeißen muss, um Kosten zu senken. Das tue ich nicht, da gibt es andere Möglichkeiten. Wir geben den Leuten zum Beispiel andere Arbeit. Es gibt viele Dinge, die früher extern vergeben worden sind, die wir heute selber machen. Die Leute sind da.
Ein Beispiel dafür?
Ein ganz einfaches: Im gewerblichen Bereich haben wir Arbeitnehmer, die in dem Bereich, in dem sie früher tätig waren, nicht mehr eingesetzt werden können, die erledigen heute beispielsweise die Grünflächenpflege in unseren Liegenschaften. 1200 Menschen arbeiten bei den Stadtwerken und seit ich hier Geschäftsführer bin, wurde kein einziger Mitarbeiter betriebsbedingt gekündigt.
Beim Verkehrsbetrieb gab es Kündigungen.
Ja leider, aber die lagen nicht in meinem Verantwortungsbereich.
Man kann also guten Gewissens feiern?
Mit ganz gutem Gewissen. Denn zwischen einem Drittel und der Hälfte der Kosten für das Stadtwerke-Festival werden von Sponsoren übernommen. Selbst unserer Caterer wird mit einer Umsatzpacht beteiligt.
Wer wählt die Gruppen aus, die auftreten?
Wir sitzen zusammen und diskutieren. Ich habe die letzte Entscheidung und Verantwortung. Aber es ist nicht so, dass der Paffhausen eine Band holen kann, die er gerne mal hören möchte. Da gehe ich schon zum Konzert. Nein, es geht um gute, bezahlbare Leute. Es wird untereinander diskutiert, was für unsere Kundschaft am besten ist.
Und was ist das in diesem Jahr?
Wie immer verfahren wir in drei bis vier wesentlichen Programmbereichen. Zuerst etwas für das junge Publikum, in diesem Jahr Kim Frank und Maya Saban. Dann kommen Bands aus der Region, jetzt Peter Schmidt mit seiner Band „East Blues Experience“ und Linck – die Gruppe um den Bandleader Marco W. Linke. Die sind richtig, richtig gut. Das ist Potsdam. Dann kommt der Ost-Rock zum Zuge. Wir haben angefangen mit „Karat“, dann „Sachsen Dreier“, „City“, „Keimzeit“ und nun die „Puhdys“. Und zum Ende Rocklegenden.
Wie kamen Sie zu Gianna Nanini und der „Manfred Mann“s Earth Band“?
Da gucken wir als erstes, wer zum Zeitpunkt unseres Festes tourt. Zweitens was bezahlbar ist und drittens was beim Publikum ankommt und lange nicht mehr in Potsdam war. Gianna Nanini ist mit Sicherheit etwas Besonderes, da sie italienisch singt und mit großer Besetzung – auch Streichern und Klavier – spielt. Wir denken, auch dieses Konzert wird von den vielen Fans ihrer rauchigen Blues-Rock-Stimme gut besucht werden. Nach der krankheitsbedingten Absage von „ZZ Top“ – und wir möchten dem Bassisten Dusty Hill an dieser Stelle alles Gute wünschen – hatten wir eine kleine Kollektion von Ersatzbands. Daraus hat sich die „Manfred Man“s Earth Band“ als die zugkräftigste herausgehoben.
„ZZ Top“ waren Ihr großer Traum. Gibt es nun einen anderen Künstler, den Sie unbedingt nach Potsdam holen wollen?
Wir wissen aus den Reaktionen der vergangenen Jahre: Die Potsdamer mögen Klassiker. Es gibt eine Reihe von alten Haudegen der 60er, 70er Jahre. Wir würden da wahrscheinlich an unsere wirtschaftliche Grenzen stoßen: Aber Eric Clapton und Carlos Santana wären toll für Potsdam. Van Halen würde ich auch sehr gerne mal holen, das ist gitarrenlastig auf höchstem Niveau. Und „Deep Purple“ und Joe Cocker.
Die Fragen stellten Sabine Schicketanz und Jan Brunzlow
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