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Online-Shoppingportale machen auch Potsdams Einzelhändlern immer mehr zu schaffen.

© A. Klaer

Einzelhandel in Potsdam: Alles muss online

Der Sommerschlussverkauf der Potsdamer Einzelhändler ist in vollem Gange. Dabei müsste sich der Handel eigentlich verstärkt um das Internet kümmern.

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Potsdam - Jetzt wäre eigentlich eine gute Zeit, um sich noch schnell mit Sommerklamotten für die letzten warmen Tage einzudecken. In der Brandenburger Straße etwa werben fast alle Läden noch bis Ende August mit Rabatten für ihre Produkte. Schließlich muss die Saisonware raus, da es zu teuer wäre, sie einzulagern. Bei Saisonartikeln seien Abschläge von bis zu 70 Prozent möglich, heißt es beim Handelsverband Berlin-Brandenburg (HBB). Zu den reduzierten Waren gehören demnach neben Bekleidungsartikeln wie T-Shirts oder Sandaletten auch Terrassenmöbel oder Rasenmäher.

Doch die Einzelhändler in der Potsdamer Innenstadt beschäftigt derzeit neben den hohen Mieten und der Fluktuation unter den Läden ein ganz anderes Problem. Die Konkurrenz aus dem Internet nimmt immer größere Dimensionen an. Eine richtige Strategie, wie damit umzugehen ist, fehlt noch. Innerhalb von drei Jahren haben sich die Bruttoeinnahmen im deutschen Online-Handel fast verdoppelt, wie das Online-Shoppingportal Netzshopping nun mitteilte. Der Umsatz des deutschen Online-Handels beträgt damit rund 46 Milliarden Euro pro Jahr – oder 1487 generierte Euro in der Sekunde. Marktführer ist dabei eindeutig die Bekleidungsbranche.

Händler der Brandenburger Straße sind auf sich allein gestellt

Das Problem für viele Händler in der Brandenburger Straße: Bislang sind sie bei ihren Online-Aktivitäten weitgehend auf sich allein gestellt. Nur Ketten wie Karstadt oder H&M können sich derzeit einen eigenen sichtbaren Online-Auftritt leisten. Eine gemeinschaftliche Vermarktung der Einkaufsstraße mit den vielen kleinen Geschäften, wie beispielsweise ein regionales Shoppingportal, fehlt bislang. Bis es so weit ist, wird aber noch einige Zeit vergehen.

Zu einem etwas anderen Ergebnis kommt immerhin die Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). In einer Studie vom Januar dieses Jahres sieht die GfK in manchen Segmenten in den kommenden Jahren bereits das Ende des Wachstums erreicht. Trotz der enormen Steigerungen von teils mehr als 20 Prozent sei spätestens 2021 mit einer spürbaren Marktsättigung zu rechnen, heißt es. Bis 2025 werde der Online-Anteil am gesamten Umsatz der Branche von derzeit 8,5 Prozent auf 15 Prozent steigen, allerdings mit großen Unterschieden bei den Segmenten.

„Da muss ich als Kaufmann doch nachdenken und handeln“

Dennoch sollten sich auch die Einzelhändler auf Veränderungen im Kaufverhalten der Kunden einstellen. „Wir müssen begreifen, dass die Digitalisierung unser Leben durchzogen hat“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes HBB, Nils Busch-Petersen, den PNN. Es müsse nun auf allen Ebenen über das Online-Marketing in der Potsdamer Innenstadt nachgedacht werden, mahnte er und wird deutlich: Der Handlungsdruck steige stetig. „Da muss ich als Kaufmann doch nachdenken und handeln.“ Aber vielleicht sei die Brandenburger Straße noch nicht so weit. „Ein Sekundenschlaf kann fatale Folgen haben“, kritisierte Busch-Petersen.

Immerhin: Schon seit fast zwei Jahren gibt es in Potsdam einen kostenfreien Zugang zum Internet – allerdings nur für eine halbe Stunde über den Anbieter Kabel Deutschland. Zu kurz für Online-Shopping. Außerdem hatte die AG Innenstadt – die Vertretung der Einzelhändler rund um die Brandenburger Straße – im Januar angekündigt, mit der Wirtschaftsförderung der Stadtverwaltung Gespräche über ein Online-Konzept zu führen. Damals hatte Wolfgang Cornelius, Vorsitzender der AG Innenstadt, in einem PNN-Interview als Argument für die bislang schleppende Umsetzung die hohen Kosten angeführt. „Das dauert noch“, sagte er auf die Frage, ob es schon Pläne dafür gebe. Seitdem sind acht Monate vergangen, ohne konkrete Ergebnisse. Cornelius war am Montag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Auch seine Stellvertreterin Petra Stienemann, wollte dazu keine Angaben machen und verwies als Begründung unter anderem auf die Urlaubszeit.

Dennoch sieht die Stadtverwaltung die Innenstadt gut aufgestellt. Die Händler in der Brandenburger Straße und im Holländischen Viertel seien „durch ihre Service- und Einkaufsqualität und den Erlebnisfaktor auch gegen die Internetkonkurrenz gut gewappnet“, sagte Stadtsprecher Markus Klier am gestrigen Dienstag auf PNN-Anfrage. Der steigende Online-Handel sei ein weltweites Phänomen, von dem der ortsansässige Einzelhandel insgesamt herausgefordert werde, räumte er ein. Dennoch sieht auch die Wirtschaftsförderung um Bereichsleiter Stefan Frerichs die Notwendigkeit, die Einzelhändler stärker zu unterstützen. Derzeit werde eine neue Förderrichtlinie vorbereitet, um die Geschäftsinhaber bei ihren Online-Aktivitäten zu unterstützen. Weitere Details, etwa wann die Richtlinie vorliegen soll, nannte er nicht.

Stern-Center ist online gut aufgestellt

Wesentlich weiter ist hier das Stern-Center: Auch hier steigt zwar der Druck, online sichtbar zu sein und damit neue Kundengruppen anzusprechen. Das Center habe aber konstant gute Umsätze, alle Geschäfte seien derzeit belegt, sagte Center-Manager Ralph Teuber den PNN. Auch online passiere einiges. So habe das Center 20.000 Fans im sozialen Netzwerk Facebook, alle Geschäfte hätten einen eigenen Internet-Auftritt. Auch gebe es aktuelle Überlegungen, den Marktplatz-Gedanken auszubauen. Details könne er aber erst zu einem späteren Zeitpunkt nennen – wenn, wie berichtet, der geplante Umbau des Stern-Centers weitgehend abgeschlossen ist.

Stefan Engelbrecht

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