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Umsonst und draußen. Bald ist der Besuch von Park Sanssouci möglicherweise nicht mehr kostenslos. Ob der Eintritt eingeführt wird, entscheidet sich in den kommenden Wochen – die Verhandlungen laufen bereits.

© Hirschberger/dpa

Landeshauptstadt: Alles offen

Nun wird doch wieder über den Parkeintritt verhandelt. Und auch bei der Weissen Flotte ist das letzte Wort noch nicht gesprochen

Von Katharina Wiechers

Stand:

Die Stadtverordnetenversammlung am Mittwoch war eine der turbulentesten, die Potsdam seit Langem erlebt hat. Zum einen die Zitterpartie um den Standort der Weissen Flotte, zum anderen die beiden durchgefallenen Modelle zur Finanzierung der Parkpflege. Zwei Großprojekte der Stadt sind letztlich gescheitert, und am Tag danach schieben sich die Fraktionen gegenseitig die Schuld in die Schuhe. Wir dokumentieren, woran die Mehrheiten gescheitert sind und beantworten die wichtigsten Fragen zu den Themen Parkeintritt, Haushaltssperre und Mercure.

Wer trägt die Schuld am Scheitern der Abstimmung über den Parkzuschuss?

Wer letztlich Schuld an dem Debakel trägt, ist natürlich Ansichtssache. Die einen – allen voran die Linke – sehen den Vorstoß von SPD-Fraktionschef Mike Schubert als Grund allen Übels. Dieser hatte im Sommer kurz vor der Abstimmung über die von seinem Parteifreund Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) favorisierte Tourismusabgabe gewettert und stattdessen die Bettensteuer auf den Plan gebracht. Jakobs kritisierte diesen Alleingang Schuberts damals sogar in aller Öffentlichkeit und nannte den Vorgang „sehr bedauerlich“. Schubert war mit seiner Abkehr von der Tourismusabgabe den Partnern der Rathauskooperation entgegengekommen, denn CDU, Grüne und FDP waren ohnehin dagegen. Gleichzeitig verspielte er aber die sichere Mehrheit, die die SPD gemeinsam mit den Linken gehabt hätte. Für Linke-Fraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg ist deshalb klar: Die Verantwortung für das Debakel liegt bei der SPD. Doch auch Scharfenberg muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass seine Fraktion mit ihrem Abstimmungsverhalten indirekt den Parkeintritt befördert hat. Denn hätte die Linke für die Bettensteuer gestimmt oder sich auch nur enthalten, wäre die Satzung vermutlich durchgegangen – und die Million wäre gesichert. Weder die Haushaltssperre noch ein möglicher Parkeintritt wären jetzt im Gespräch, allerdings stünden möglicherweise Klagen der Betroffenen ins Haus.

Wie geht’s weiter mit der Rathauskooperation?

Als Schubert im Mai dieses Jahres die Bettensteuer auf den Plan brachte, rechnete er fest mit der Unterstützung von CDU und Grünen. Doch diese sprangen nacheinander ab: Erst die Grünen, und dann, zwei Tage vor der entscheidenden Abstimmung, auch noch die CDU. Schubert schäumte, und stellte die seit 2006 bestehende Rathauskooperation von SPD, CDU, Grünen und FDP infrage. Doch auch Grüne und FDP haben einen Grund, enttäuscht von den Kooperationspartnern zu sein: Bei der Abstimmung über den Standort für die Weisse Flotte stimmten einige SPD- und CDU-Mitglieder gegen ihren Vorschlag, den Neubau an den Bahndamm zu setzen – darunter auch Schubert. Stattdessen stimmten sie für einen Antrag der Linken, und verhalfen ihr damit zur Mehrheit. Knapp sieben Monate vor der Kommunalwahl knirscht es also gewaltig innerhalb der Kooperation – ein Krisentreffen ist bereits für den 18. November angesetzt. Schubert machte schon einmal klar, dass er kaum noch eine Zukunft für das Bündnis sieht. Nach dieser Sitzung habe er Zweifel, ob die Kooperation die künftigen Aufgaben noch gemeinsam bewältigen könne, sagte er am Mittwochabend. Die anderen Kooperationspartner blieben da vorsichtiger. „Es ist unschwer zu erkennen, dass es eine Krise gibt“, sagte Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke. Sie plädiere dennoch dafür, diese Krise zum Anlass zu nehmen, an dem Problem zu arbeiten und etwas zu verändern. Und mit Hinblick auf die 160 Millionen Euro, die die Stadt in den kommenden Jahren für den Schulaufbau braucht, fügte Hüneke hinzu: „Es liegen enorme Anstrengungen vor uns, deshalb wäre es vernünftig, sich in breitem Rahmen zu verständigen. Dieser Aufgabe kann sich keiner entziehen.“ Und der stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende Steeven Bretz teilte mit: „Die CDU Potsdam steht uneingeschränkt zur Rathauskooperation. Ein Scheitern würden wir hochgradig bedauern.“ Allerdings müsse Jakobs „seine Partner in Zukunft besser mitnehmen“, forderte Bretz. FDP-Fraktionschef Johannes von der Osten-Sacken war für eine Stellungnahme am Donnerstag nicht zu erreichen.

Was ist die Konsequenz aus der gescheiterten Gegenfinanzierung?

Auf jeden Fall wird es im kommenden Jahr eine Haushaltssperre geben. Das hatte Oberbürgermeister Jakobs bereits im Sommer angekündigt, sollte es für die fünf Millionen Euro, die die Stadt der Stiftung laut Vertrag jährlich zahlen muss, keine Gegenfinanzierung geben. Nun macht er seine Drohung wahr. Die Sperre soll ab 1. Januar 2014 gelten, bereits am Donnerstag begann Kämmerer Burkhard Exner (SPD) mit den Vorbereitungen, wie ein Stadtsprecher sagte. Vorrangig wird bei den freiwilligen Leistungen der Stadt gespart, laut Jakobs betrifft das vor allem die Bereiche Sport und Kultur. Fördergelder etwa für das Potsdam Museum, das Naturkundemuseum, das Hans Otto Theater, den Nikolaisaal oder die Kammerakademie könnten gekürzt werden. Exner betonte aber, dass auch Posten wie die eigentlich geplante Erhöhung der Tourismusförderung um 140 000 Euro geprüft würden. Außerdem hat Jakobs angekündigt, im Dezember einen Antrag ins Stadtparlament einzubringen. Dieser soll ihn dazu ermächtigen, mit der Schlösserstiftung über eine Aufhebung des Fünf-Millionen-Vertrags zu verhandeln. Nach derzeitigem Stand dürfte es dafür eine Mehrheit von SPD, Grünen, CDU und FDP geben – lediglich Die Linke sprach sich bereits kategorisch dagegen aus. Scharfenberg verwies stattdessen auf den – in der Stadtverordnetenversammlung allerdings gescheiterten – Antrag hin, der erneute Gespräche mit den Betroffenen über eine Tourismusabgabe vorsieht. „Wir halten das nach wie vor für möglich“, sagte er.

Wie wahrscheinlich ist die Einführung eines Parkeintritts?

Wenn Jakobs vom Parlament dazu beauftragt wird, mit der Stiftung zu verhandeln – und derzeit sieht es danach aus –, ist der Parkeintritt sehr wahrscheinlich. Die Stiftung hat bereits indirekt Bereitschaft zu Verhandlungen über eine Auflösung des Vertrags signalsiert. Die Stiftung habe ohnehin von Anfang an einen Parkeintritt gewollt, so eine Sprecherin. Im Dezember könnte im Stiftungsrat eine Entscheidung fallen. Sollte der Vertrag tatsächlich aufgehoben werden, bräuchte die Stiftung aber noch etwa ein Jahr, um die Einführung des Eintritts vorzubereiten. Ostern 2015 wäre ein realistischer Termin.

Was wird jetzt aus der Weissen Flotte und dem Mercure?

Die Zukunft von Weisser Flotte und Mercure-Hotel ist weiter völlig offen, denn in der Stadtverordnetenversammlung gab es zwei widersprüchliche Voten. Zum einen konnte sich die Linke mit ihrem Antrag durchsetzen, den Neubau für die Flotte an den Fuß des Mercures zu setzen. Die Pläne der Verwaltung, für das Mercure-Grundstück Sanierungsziele zu formulieren und es somit perspektivisch reif für den Abriss zu machen, fielen dagegen knapp durch. Doch offenbar ist damit der Standort immer noch nicht entgültig geklärt. Denn eine ebenso knappe Mehrheit stimmte für einen Antrag der FDP. Dieser sieht die Durchführung einer „international und interdisziplinär besetzten Planungswerkstatt“ vor. Diese soll sich mit dem ganzen Lustgarten beschäftigen – inklusive Mercure-Hotel und Weisser Flotte – und Sanierungsziele für den Bereich konkretisieren. Die Vorschläge, die das Gremium „zeitnah“ erarbeiten soll, sollen dann erneut den Stadtverordneten zur Abstimmung vorgelegt werden. Einer dieser Vorschläge könnte auch vorsehen, dass die Weisse Flotte doch nicht am Mercure baut. Ob die Stadt den Erbbaurechtsvertrag mit der Weissen Flotte sowie die Baugenehmigung bis zu einer solchen Entscheidung ruhen lässt, war am Donnerstag noch unklar.

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