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Links und rechts der Langen Brücke: Alles zu seiner Zeit

Jana Haase über die neue Eskalation im Potsdamer Synagogenstreit

Stand:

Die Nerven liegen einmal mehr blank. Wer die Briefe liest, die sich die Chefs der beiden jüdischen Gemeinden in Potsdam derzeit – unter Beteiligung einer breiten Öffentlichkeit – schreiben, dem müssen Zweifel daran kommen, dass eine Einigung im Synagogenstreit überhaupt noch realistisch ist. Die Vorwürfe wiegen schwer, Wut und Enttäuschung sind groß. Dabei haben doch beide Gemeinden ein gemeinsames Ziel, einen Traum: Eine neue jüdische Synagoge für Potsdam. Kein Nichtjude kann darüber befinden, welche Räume so ein Haus braucht, damit es ein würdiger und lebendiger Ort des Gebets und der Zusammenkunft wird – das müssen jene, die die Synagoge später nutzen, entscheiden. Und genauso sieht es der Plan des Landes ja auch vor. Erst muss das Nutzungskonzept vorliegen, dann kann über die weiteren Schritte für den Neubau gesprochen werden. Umso unverständlicher ist, dass der Synagogen-Förderverein nun an einer eigenen Veranstaltungsreihe zur Vorbereitung des Neubaus festhält, die zumindest von einem Teil der Potsdamer Juden als Affront aufgefasst wird. Sicher: Dass sich der Förderverein Gedanken um den Neubau an städtebaulich exponierter Stelle macht, ist nachvollziehbar – und sogar sinnvoll. Die angestrebte öffentliche Diskussion kann dem Vorhaben nur nützen. Denn dass die Situation so verfahren ist, wie sie ist, liegt auch daran, dass es diese Öffentlichkeit beim ersten Wettbewerb nicht gegeben hat. Trotzdem gilt: Alles zu seiner Zeit. Wenn die jüdischen Gemeinden wieder an einen Tisch finden sollen, brauchen sie jetzt vor allem Ruhe und Zeit. Der Förderverein baut aber mit seinen Plänen – gewollt oder nicht – einen Ergebnisdruck auf, der momentan nur schaden kann. Wenn der ins Feld geführte Respekt vor der Entscheidung der Gemeinden mehr als ein Lippenbekenntnis ist, dann sollte der Verein seine Veranstaltungsreihe nach dem morgigen Sonntag auf Eis legen. Und die Entscheidung abwarten.

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